Verlogen
Rezension von Dr. Aide Rehbaum
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Eva Björg Aegisdottir: Verlogen
Der zweite Krimi der isländischen Autorin verknüpft drei verschiedene Ebenen. Die erste Ebene ist die der Polizistin Elma, die durch einen Leichenfund in einer Höhle des Lavafelds nochmals mit einem Fall konfrontiert wird, der sieben Monate zuvor als Vermisstenfall zu den Akten gelegt wurde.
Die ehemals minderjährige, alleinerziehende, alkoholabhängige Marianna ist erschlagen worden. Zunächst muss der Leser annehmen, es handele sich um ein und dieselbe Frau, die auf den anderen Ebenen als Ich-Erzählerin den Weg aus ihrer Wochenbettdepression schildert, denn die Autorin nennt keine Namen der Personen. Erst spät wird klar, dass es um zwei Frauen geht. Da die Kinder gleichaltrig sind, helfen die Zeitangaben als Kapitelüberschrift nicht weiter.
Die Tote hat ihre Tochter Hekla, die sie als Jugendliche bekam, mehrfach vernachlässigt und deshalb wurde diese zeitweise bei Pflegeeltern untergebracht, bei denen sie sich wohler fühlt als zuhause, zumal sie an deren Wohnort endlich Freundinnen gefunden hat. Obwohl die Mutter haltlos durchs Leben schlittert, bestimmt das Jugendamt sie weiterhin als sorgeberechtigt. Die Pflegemutter würde Hekla gern ganz für sich behalten, aber Marianna weigert sich.
Im Laufe der Ermittlungen offenbart sich die düstere Jugend zweier Frauen, die in ihrem Geburtsort am Pranger standen und ihn verließen. Ihre Familien wandten sich ab. Wir lernen Außenseiterinnen kennen, die von Wut angetrieben sind und diese an ihre Töchter weitergaben.
Auch die Frau der dritten Ebene kann mit ihrer Tochter nichts anfangen, bekam aber ihr Leben in den Griff. Erst ziemlich gegen Ende entschlüsselt die Autorin die verflochtenen Schicksale der beiden Frauen, die gleichermaßen Opfer und Täterinnen sind. Der Krimi ist rundum gelungen und zieht den Leser in den Bann.
Eva Björg Ægisdóttir ist Jahrgang 1988 und lebt mit ihrem Partner und drei Kindern in Reykjavík. Sie ist in Akranes geboren und aufgewachsen, der Stadt, in der ihre Krimis spielen. Nach ihrem Abschluss in Soziologie zog sie nach Trondheim in Norwegen, wo sie einen Master in Globalisierung machte. Für ihren ersten Krimi wurde sie mit dem renommierten isländischen Blackbird-Award ausgezeichnet.