von Richard Fischels

Philipp Hübl – Moralspektakel

Wie die richtige Haltung zum Statussymbol wurde und warum das die Welt nicht besser macht.

© Daniel Hofer

Ich weiß nicht ,wie es Ihnen geht: Bei Sachbüchern zwingt sich am Ende der Lektüre eher selten der Eindruck auf, dass einem der Text durchgängig „gefiel“  Anders als bei Romanen zum Beispiel. Ein Roman mag Höhen und Tiefen haben, sich hinziehen, mal spektakulär und dann wieder eher langweilig . Am Ende steht meist ein eher eindeutiges Gesamturteil. Für mich. Beim Sachbuch enttäuschen manche Kapitel, andere begeistern. Man liest, was anspricht, überzeugt und gefällt. Ganz anders – für mich – Philipp Hübel`s Moralspektakel. Es ist durchgängig lesenswert. Weil es neben einer ebenso detaillierten wie ausführlichen Beschreibung der Entstehung, Bedeutung und Entfaltung von Ethik und Moral im Zusammenhang mit dem öffentlichen Diskurs entfaltet, wie auch plausible Hinweise für die historischen Veränderungen in ihrem „Zusammenspiel“ erläutert. Moralgetränkte Selbstinszenierung erobert zunehmend den öffentlichen Diskurs. Empörung kennt keine Nachdenklichkeit, Rigorosität keine Zweifel, Fakes statt Fakten. Argumente mutieren zur intellektuellen Ramschware, Kommunikation verengt zur permanenten Klage und Anklage. Bekenntnis ist gefragt. Vernunft hin oder her. Die sogenannten sozialen Medien markieren eine wirkliche Zeitenwende. Sie ermöglichen unmittelbare und weltweite Aufmerksamkeit. Sie bieten dem Ego bis dato verschlossene öffentliche Showroom`s. Bühne frei für ein Moralspektakel, die dem „Gut-sein“ des einzelnen nicht die wirkliche Anstrengung tatsächlich hilfreichen Engagements für Schwache, Beeinträchtigte, das Klima etc. abverlangt, sondern drei Sätze unverbrüchlicher Solidarität schon als Tat anrechnet. Und ein kleiner Klick genügt. Moral, von wegen Anleitung und Kompass tatsächlich wirksamen und nachprüfbaren Handelns. Der Schein genügt. zumal er zur Demonstration eigener moralischer Überlegenheit völlig genügt. Wen interessiert es schon. Was zählt, sind Likes!

So verarmt und verkümmert der öffentliche Diskurs. Reden und Handeln gerät außer Balance. Extreme bestimmen die Tonalität. Högl beschreibt, wie die nur inszenierte Moral zu Populismus und Symbolpolitik führt, genährt von gegensätzlichen Kulturen, bei denen zum Beispiel autoritäres Denken oder der Opferstatus im Mittelpunkt stehen. Und nicht der selbstbestimmte Mensch. Was dafür notwendig ist, dafür liefert Högl einige Vorschläge und Handlungsanleitungen, die sicher nicht ganz leicht umzusetzen sind. Aber sie könnten mitentscheiden über eine dauerhaft demokratische und humane Weiterentwicklung unserer Gesellschaft. Aber lesen Sie selbst!
 
Philipp Hübl ist Philosoph und hat Theoretische Philosophie an der RWTH Aachen, der Humboldt-Universität Berlin und als Juniorprofessor an der Universität Stuttgart gelehrt. Danach war er Gastprofessor für Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität der Künste Berlin.
 
Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH

Philipp Hübl

Moralspektakel

Wie die richtige Haltung zum Statussymbol wurde und warum das die Welt nicht besser macht

Hardcover mit Schutzumschlag, 336 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
ISBN: 978-3-8275-0156-1
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