Die Karriere eines Leistungssportlers ist überfüllt mit sportspezifischen Belastungen sowie organisatorischen und privaten Stressfaktoren. Dabei ist Stress für Profisportler ein zweischneidiges Schwert: Während er richtig eingesetzt die Motivation des Athleten aufrechterhält und zu Topleistungen führt, kann ein Übermaß physische und mentale Probleme verursachen.

Stressfaktoren im Leistungssport

Das Trainings- und Turnierprogramm gestaltet den Berufsalltag im Spitzensport und kann schnell bei Überladung zur Stressquelle ausarten. Besonders populäre Ballsportarten, die jährlich mehrere nationale und internationale Wettbewerbe auf dem Zeitplan haben, sind betroffen. Die erfolgreichen Fußballtrainer Jose Mourinho und Jürgen Klopp beschwerten sich in der Vergangenheit offen über die enorme Anzahl an Spielen, die ihre Mannschaften in einer Saison absolvieren müssen und appellierten für längere Pausen zwischen den Begegnungen. Denn Untersuchungen haben gezeigt, dass eine verkürzte Erholungszeit zwischen den Spielen die Kraftregeneration verlangsamt sowie die Gefahr für Verletzungen erhöht.

Nicht nur physische Überbelastung, sondern auch mentale Herausforderungen können negativ auf das Allgemeinbefinden der Spitzensportler wirken. Profis im Denksport zeigen den Extremfall. Eine ständig wache Konzentration, Selbstkontrolle und außergewöhnliche Problemlösefähigkeit sind ein Muss für den Erfolg. Hinzukommen komplexe Regelungen und Spielstrategien, die während einer Partie fehlerlos beachtet werden müssen. So muss ein Pokerspieler essenzielle Aspekte wie die Poker Reihenfolge der Hände berücksichtigen, vom One Pair bis zum Straight Flush, und gleichzeitig den Dealer und die Gegenspieler im Auge behalten. Erfolgreiche Schachspieler müssen dagegen die Hauptvarianten der komplexen Eröffnungen kennen, wie das Damengambit, und zudem in der Lage sein, mit innovativen Zügen ihre Gegner zu überraschen. Folglich braucht auch der Geist nach Wettkämpfen ausreichend Schonzeit, um sich zu erholen.

Jenseits des Wettbewerbs erleben Spitzensportler organisatorische Stressoren, die auf das Trainings- und Organisationsumfeld zurückzuführen sind. Lange Reisen, Unterkunftsprobleme, in die Länge gezogene Vertragsverhandlungen oder Unstimmigkeiten über Trainingsinhalte sind nur einige Beispiele hierfür. Nervenaufreibend und erschöpfend sind darüber hinaus familiäre Krisen, private Skandale oder traumatische Lebensereignisse.

Fehlende mentale Unterstützung

Ein bestimmtes Ausmaß an Druck fördert die Leistung der Sportler, da Stress die Energiereserven des Körpers durch die Ausschüttung des Adrenalins mobilisiert. Doch fehlt die Balance zwischen Anspannung und Ruhe, können Stressoren den ausgewogenen Rhythmus zwischen Schlaf, Arbeit und Freizeit stören, physische und psychische Schäden verursachen und kritische Phasen im Berufsleben der Sportler einleiten. Dabei muss bedacht werden, dass eine umfassende ärztliche Betreuung bei körperlichen Verletzungen in der Sportbranche eine Selbstverständlichkeit ist, während die mentale Unterstützung oft noch vernachlässigt wird. Und dies trotz der Tatsache, dass die Prävalenz für eine allgemeine seelische Belastung bei aktiven Athleten gemäß Studien bei 20 % liegt. In letzter Zeit sprechen immer mehr Topathleten diese Diskrepanz an. Besonders großer Resonanz in der Weltpresse erhielten der Rücktritt der Starturnerin Simone Biles in den Olympischen Spielen von Tokio im Jahr 2021 sowie die Absage der Wimbledon Championships 2021 des Tennisprofis Naomi Ōsaka aufgrund psychischer Probleme.

Mentales Training als Gegenmaßnahme

Langsam, aber sicher wird der Sportbranche klar, dass eine mentale Schulung neben dem körperlichen Training ein Muss für Athleten ist. Denn mentale Strategien zur Stressbewältigung stärken nicht nur die Resilienz in Krisensituationen, sondern wirken langfristig positiv auf die sportliche Leistung in Wettbewerben. Um bessere Resultate in Turnieren zu erzielen, gibt es unterschiedliche Methoden, die bei der mentalen Schulung eingesetzt werden. Eine davon ist das subvokale Training, das Sportlern dabei hilft, Bewegungsabläufe durch Selbstgespräche zu verinnerlichen. Beim verdeckten Wahrnehmungstraining werden die Bewegungsabläufe wie bei einem Film im inneren Auge visualisiert. Das ideomotorische Training, das als Meisterstufe des mentalen Trainings gilt, wird dagegen die Innenperspektive einer Bewegung detailliert betrachtet. Mit anderen Worten, der Sportler stellt sich im Geiste genau vor, wie sich eine Bewegung anfühlt und wo die wichtigen Knotenpunkte des Bewegungsablaufes für ihn liegen. Hinzukommen Hypnosetechniken, Entspannungsübungen sowie Supervision nach Wettbewerben, die dabei helfen, das innere Gleichgewicht der Sportler zu unterstützen.

Stress ist ein unbestrittener Aspekt des Leistungssportes. Er wird durch wettbewerbsbedingte, organisatorische und private Faktoren ausgelöst und kann bei fehlender professioneller Unterstützung zu mentalen und physiologischen Problemen führen, wie die Fälle von Simone Biles und Naomi Ōsaka es der Öffentlichkeit deutlich gezeigt haben. Abhilfe schafft ein Trainingsprogramm, dass sowohl der körperlichen als auch der psychischen Gesundheit des Sportlers Beachtung schenkt. Noch fehlt in vielen Branchen diese Ausgewogenheit, doch je mehr Sportler das Thema offen ansprechen, desto höher wird das Bewusstsein dafür in der Sportwelt sein.

 

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