Lieber tot als Sklave.
Rezension von Dr. Aide Rehbaum
Udo Weinbörner, Lieber tot als Sklave. Die letzte Fahrt des Amrumer Kapitäns Hark Nickelsen

Der Roman basiert auf der Geschichte eines reichen Amrumer Bürgers (1706-1770), dessen Grab auf dem Friedhof von Nebel erhalten ist und dem Ausstellungen in örtlichen Heimatmuseen gewidmet sind. Lokalhistoriker haben sich mit seinem Schicksal auseinandergesetzt. Umfangreiches Quellenmaterial über das Leben an Bord einer Fregatte, die Seefahrt im Allgemeinen und die im 18. Jahrhundert mit Sklavenhandel befasste Dänische Westindien-Kompanie hat der Autor sorgfältig ausgewertet. Zur Befindlichkeit der beteiligten Menschen gibt es zeitgenössische Berichte.
Allerdings hat Hark Nickelsen keine Aufzeichnungen hinterlassen. Die Seelenlage dieses Menschen, der in einer Zwickmühle steht, bleibt Fiktion: Einerseits hat er als Befehlsempfänger der Handelsgesellschaft den Auftrag einen Gewinn zu machen, also möglichst viele Sklaven billig einzukaufen, gesund über den Atlantik zu bringen und dort teuer zu verkaufen. Dem steht entgegen, dass er das Elend der Sklaven nachempfindet, weil er als junger Mann selbst drei Jahre lang von Arabern versklavt war.
Kann es einem einfachen Kapitän gelingen, sich allein über die Anschauungen der weißen Herrenmenschen hinwegzusetzen, „Eingeborene“ seien kaum als vollwertige Menschen anzusehen? Zumal die Afrikaner ihrerseits die eigenen „Brüder“ als Ware betrachten und als einzige Alternative sehen, die Gefangenen ihrer Raubzüge abzuschlachten. Die Denkweise der afrikanischen Geschäftspartner ist überliefert und Menschenhandel hat dort Tradition. Nickelsens Qual und Menschlichkeit wird spürbar, aber ungeachtet seines schlechten Gewissens plant er heimlich, mit derselben „Ware“ in die eigene Tasche zu wirtschaften. Mit eiserner Hand sorgt er für Disziplin, doch es misslingt ihm, wenigstens den Transport humaner zu gestalten.
Die beschriebene letzte Fahrt führte 1748 vom dänischen Fort Christiansborg an der Goldküste Guineas nach St. John (den heutigen Jungferninseln), Anfang März 1749. Auf Weinbörners Homepage erfahren wir ausführlich, für welche der verwandten Personen Belege vorzufinden waren und an welchen Stellen Fiktion eingefügt wurde. Obwohl der Autor im letzten Part leider mit Dialogen spart und im Zeitraffer Verkauf und weiteres Schicksal schildert, entsteht ein überzeugendes, sehr fesselndes Bild. Indem Weinbörner den Konflikt zwischen Gehorsam, Pflicht und Menschlichkeit ins Zentrum stellt, ist ihm ein Plädoyer für die Freiheit des Denkens und den Individualismus gelungen.
Wellhöfer-Verlag, Weinbergstr. 26, 68259 Mannheim
http://www.wellhoefer-verlag.de/?Historische_Romane/Lieber_tot_als_Sklave
6, 68259 Mannheim