“Zu Großem sind wir noch bestimmt, und herrlichen Tagen führe ich euch noch entgegen.” Ein großes Versprechen des deutschen Kaisers Wilhelm II., der die Monarchie wenige Jahrzehnte später im Deutschen Reich zu Grabe tragen sollte.

Kaiser Wilhelm II. ©wikipedia

Der letzte deutsche Kaiser, Wilhelm II., wurde als Friedrich Wilhelm Victor Albert am 27. Januar 1859 im Kronprinzenpalast in Berlin geboren. Wilhelm war der älteste Sohn des späteren Kaisers Friedrich III. und dessen Gemahlin Victoria von Sachsen-Coburg-Gotha, ältester Tochter der britischen Königin Victoria. Väterlicherseits war er ein Enkel des Kaisers Wilhelm I. und mütterlicherseits also ein Enkel der englischen Königin Victoria. Wilhelm II. sollte in die Geschichte eintreten als der letzte deutsche Kaiser und König von Preußen, vom 15. Juni 1888 bis zum 9. November 1918.

Da es bei der Geburt zu Komplikationen gekommen war, trug Wilhelm lebenslange körperliche Beeinträchtigungen davon: Neben Verletzungen der Halswirbel und des linken Gehörgangs, war sein linker Arm nicht vollständig entwickelt und in seiner Beweglichkeit eingeschränkt. Als Erzieher wirkte der Pädagoge Georg Ernst Hinzpeter (1827 – 1907). Dessen strikte Methoden sollten helfen, die körperlichen Behinderungen auszugleichen. Ab 1874 besuchte Wilhelm das Gymnasium in Kassel-Wilhelmshöhe, wo er 1877 Abitur machte. Im gleichen Jahr begann er das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Bonn, bevor er 1879 den aktiven Militärdienst in Potsdam antrat. Es folgten ab 1883 Unterweisungen im Verwaltungsdienst und ab 1886 in den Auswärtigen Angelegenheiten.

Wilhelm verlobte sich 1880 mit Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (1858 – 1921). Die Hochzeit erfolgte 1881. Dieser Ehe entstammten sieben Kinder: Kronprinz Wilhelm (1882 – 1951), Eitel Friedrich (1883 – 1942), Adalbert (1884 – 1948), August Wilhelm (1887 – 1949), Oskar (1888 – 1958), Joachim (1890 – 1920) und Viktoria Luise (1892 – 1980).

Gruppenbild der Kaiserlichen Familie. Kronprinz Friedrich Wilhelm, Kaiserin Augusta Victoria, Prinzessin Victoria, Prinz Adalbert, Prinz August Wilhelm, Kaiser Wilhelm, Prinz Eitel Friedrich, Prinz Joachim, Prinz Oscar ©Bundesarchiv

Am 15. Juni 1888 wird Wilhelm II. nach einer kurzen Regierungszeit seines Vaters, Kaiser Friedrichs III., Deutscher Kaiser und König von Preußen. Am 18. März 1890 veranlasst er aufgrund innenpolitischer Differenzen und eigener machtpolitischer Ambitionen den Rücktritt des Reichskanzlers Fürst Otto von Bismarck, den dieser am folgenden Tag einreicht. Unter Wilhelm II. wird das Sozialistengesetz aufgehoben, die Sozialpolitik verbessert und das bis heute gültige Bürgerliche Gesetzbuch verabschiedet. In der Kunstpolitik extrem konservativ und dogmatisch bezeichnet er die Arbeiten der „Berliner Sezession“ als „Rinnsteinkunst“ und legt fest: “Eine Kunst, die sich über die von Mir bezeichneten Gesetze und Schranken hinwegsetzt, ist keine Kunst mehr.“ Seine Technikbegeisterung äußert sich in seiner Leidenschaft für Automobile und für Schiffe, aber auch in der Gründung der „ Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft“ zur Förderung der Wissenschaften.

Er umgibt sich vorzugsweise mit devoten Politikern, die sein “persönliches Regiment“ akzeptieren. Acht Reichskanzler lösen sich in seiner Amtszeit einander ab. Seine oft von Eitelkeit und Selbstherrlichkeit geprägte fatale Außenpolitik mit dem Ziel, Deutschland “einen Platz an der Sonne“ zu erobern, führt letztlich mit zum 1.Weltkrieg. Er verprellt die Großmächte Russland und Großbritannien, das sich mit Frankreich verbündet. Die Politik des Kaisers ist von Selbstüberschätzung, politischen Dummheiten und einem gewissen Größenwahn geprägt.
Mit der Gratulation 1896 an den Präsidenten der Burenrepublik Paulus Krüger zum erfolgreichen Widerstand gegen englische Angriffe, der sogenannten „Krügerdepesche“ provoziert er breite öffentliche Kritik. Die Flottenaufrüstung ab 1898 unter dem Staatssekretär im Reichsmarineamt Alfred von Tirpitz als Instrument deutscher Kolonialpolitik gedacht, belastet das Verhältnis zu Großbritannien. In der „Hunnenrede” anlässlich der Niederschlagung des Boxeraufstands in China fordert Wilhelm II. die deutschen Truppen zu massiven Vergeltungsmaßnahmen auf. Als der Kaiser 1905/06 während der ersten Marokkokrise auf der internationalen Schiedskonferenz von Algeciras (1906) gegen die französische Interessenpolitik in Marokko protestiert, findet er keine Verbündeten.

Die Eröffnung des deutschen Reichstages im Weißen Saal des Berliner Schlosses am 25. Juni 1888 (Ölgemälde von Anton von Werner, 1893). Das Ereignis war der erste zeremonielle Auftritt Wilhelms als Kaiser.

1907 wird das persönliche Umfeld des Kaisers, vor allem sein homosexueller Berater Philipp Fürst zu Eulenburg, in einer Artikelserie Maximilian Hardens als moralisch zweifelhaft (” Eulenburg-Affäre”) diskreditiert. 1908 folgt die “Daily-Telegraph-Affäre”: Äußerungen Wilhelm II. über die Ziele deutscher Außenpolitik in einem Interview in der englischen Zeitung “Daily Telegraph” stoßen im In- und Ausland auf heftige Kritik.
Deutsche Politiker fordern eine verfassungsrechtliche Einschränkung der kaiserlichen Kompetenzen. 1911 schickt der Kaiser als Reaktion auf die französische Besetzung der Städte Rabat und Fez ein Kanonenboot nach Marokko, um Deutschlands Stärke gegenüber konkurrierenden Kolonialmächten militärisch zu demonstrieren und löst damit die zweite Marokkokrise aus.

Als in Sarajewo 1914 der habsburgische Thronfolger Franz Ferdinand ermordet wird, versichert Wilhelm II. am 6./7. Juli Österreich-Ungarn uneingeschränkte Bündnistreue für den Fall kriegerischer Auseinandersetzung. Beim Ausbruch des 1.Weltkrieges erweist er sich als unfähig, die politische und militärische Dominanz der Obersten Heeresleitung zu regulieren. Die militärische und schließlich auch die politische Führung übernehmen weitgehend Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff, die ab 1917 den Kaiser praktisch völlig ausschalten. Reichskanzler Max von Baden gibt nach verlorenem Krieg und bei Ausbruch der Novemberrevolution am 9. 11. 1918 eigenmächtig die Abdankung des Kaisers bekannt.

Wilhelm II. mit Generalfeldmarschall von Hindenburg (links) und dem Ersten Generalquartiermeister Ludendorff im Großen Hauptquartier, 1917 ©wikipedia

Wilhelm II. flieht aus dem Hauptquartier in Spa in die Niederlande. Die niederländische Regierung verlangt, dass er auf politische Betätigung verzichtet. Am 28.11.1918 unterzeichnet Wilhelm II. die Abdankungsurkunde. Er verzichtet damit sowohl auf das Amt des deutschen Kaisers als auch das des Königs von Preußen. Im Jahr 1919 kauft er Haus Doorn in der Provinz Utrecht. Ein Jahr später lehnen die Niederlande ein Auslieferungsansinnen der Entente ab.

Am 11.4.1921 stirbt Wilhelms Gemahlin Auguste Viktoria. Ihr Leichnam wird nach Potsdam überführt. Am 5. November 1921 heiratet Wilhelm Hermine von Reuß ältere Linie, verwitwete Prinzessin Schönaich-Carolath in Haus Doorn. 1931/32 empfängt Wilhelm Hermann Göring in Haus Doorn in der irrigen Hoffnung, dass eine nationalsozialistische Regierung die Monarchie in Deutschland wieder einführen würde. 1940 gratuliert Wilhelm Adolf Hitler telegraphisch zur Einnahme von Paris. Am 4.6.1941 stirbt Wilhelm von Preußen in Doorn. Auf Hitlers Initiative wird der Exkaiser bei seinem Wohnsitz in Doorn in einem Mausoleum mit militärischen Ehren beigesetzt. Wilhelm II., von dem gesagt wird, dass er sein Kaisertum gern inszeniert habe, gilt als die meist fotografierte und gefilmte Person seiner Zeit. Der von Wilhelm II. geprägte national-konservative Politik-, Lebens- und Baustil, seine theatralisch vorgetragene Überzeugung von der Sendung des “deutschen Wesens” machen ihn zum Exponenten einer politischen und kulturellen spezifisch deutschen Überheblichkeit, sein Hang zur opernhaften und dramatischen Selbstinszenierung, machen ihn zum Sinnbild einer Ära, die auch die wilheminische genannt wird.

Kaiser Wilhelm II. Regierung

Die wichtigsten historischen Ereignisse während der Regierung Kaiser Wilhelms II findest du in diesem Überblick:

1859 Geburt am 27. Januar in Berlin
1888 Krönung zum König von Preußen und Deutschen Kaiser
1890 Forderung des Rücktritts von Reichskanzler Otto von Bismarck
1900 „Hunnenrede“
1905/06 Erste Marokkokrise
1907 Eulenburg-Affäre
1908 Daily-Telegraph-Affäre
1911 Zweite Marokkokrise
1914 Attentat von Sarajewo führt zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs
1918 Kriegsende: Abdankung des Kaisers und Flucht in die Niederlande
1941 Tod am 4. Juni in Doorn

 

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