Kriege, Wirtschaftsflauten, Klimakrise, demografischer Wandel, Epidemien: Die Gesellschaften weltweit und in Europa stehen vor großen Herausforderungen. Eine Voraussetzung, um sie erfolgreich bewältigen zu können? Visionen. Träume. Nur wenn Menschen daran glauben, dass die Welt besser werden kann, nur wenn sie sich eine positive Zukunft ausmalen, nur dann ist echte Veränderung möglich. Kaum jemand weiß das so gut, wie die Menschen, die in der medizinischen Forschung arbeiten.

Der Pharmaverband EFPIA hat eine Vision: von einem gerechteren, wettbewerbsfähigeren, resilienteren Europa. © Adrian auf Pixabay.com

Stell dir eine Welt vor, in der Morbus Alzheimer und Krebs keine Angst und Schrecken mehr verbreiten und Krankheiten wie HIV und Malaria besiegt sind. Stell dir einmal vor, eine einmalige Therapie könnte die lebenslange Behandlung von Symptomen bei chronischen Leiden ersetzen. Und wie großartig wäre es, wenn es für jede Infektion das passende, wirksame Antibiotikum gäbe? Stell dir vor, die nächste Pandemie könnte verhindert werden, bevor sie entsteht. Oder es gelänge, einen Impfstoff zu entwickeln, der gefährliche Hirntumoren in ihre Schranken weist. Stell dir einmal vor…

Vorstellungskraft ist das, was medizinische Forschung am Laufen hält; sie ist Grundlage für Innovation. Immer mehr Krebserkrankungen sind heute zielgerichtet behandelbar, Hepatitis C heilbar, Masern vermeidbar – möglich ist das nur geworden, weil es Menschen gibt, die Krankheiten nicht als unveränderliches Schicksal hinnehmen; stattdessen glauben sie fest daran, dass bessere Therapie- und Präventionsmöglichkeiten Realität werden können. Sie geben nicht auf – trotz zahlreicher Rückschläge, trotz jahrzehntelanger Entwicklungsarbeit.

Am Anfang einer Innovation steht ein Traum

„Das Potenzial medizinischer Innovation ist grenzenlos“, sagt der europäische Pharmaverband EFPIA. Eine Welt, in der neurologische Krankheiten wie Parkinson nicht mehr die Ursache für Leid und Behinderung ist? „Die pharmazeutische Industrie stellt sich diese Zukunft nicht einfach nur vor. Wir arbeiten aktiv darauf hin“, betont Bayer-Pharma-Chef Stefan Oelrich, erster Vizepräsident bei EFPIA.

Doch die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Traum an der Realität zerschellt, ist groß. Schon die Wissenschaft macht häufig einen Strich durch die Rechnung – von anfangs rund 5.000 bis 10.000 Substanzen schafft es in der pharmazeutischen Forschung nach durchschnittlich 13,5 Jahren nur ein Wirkstoff bis zur Zulassung. Und anschließend verhindern Bürokratie, Silodenken, mangelnde Ressourcen, unzureichende Gesundheitsinfrastruktur allzu oft, dass Menschen weltweit und in Europa im vollen Umfang von Innovationen profitieren können.

Vision: Ein gesundes Europa. © pixabay.com

Ändern lässt sich das nur, wenn sich Menschen zusammentun – akademisch Forschende, Vertreter:innen von Industrie, Zulassungsbehörden, Leistungserbringern, Kostenträgern, Politik, Patientengruppen – und eine gemeinsame Vision entwickeln. „Stellt euch nur mal vor, was wir erreichen könnten“, so EFPIA. Der Pharmaverband wünscht sich „ein Europa, in dem die Patient:innen schneller und gleichberechtigter Zugang zu Arzneimitteln erhalten“, ein „wettbewerbsfähigeres Europa“, ein „resilienteres Europa.“

Vision: Ein gerechteres, gesundes Europa

„Aktuell beträgt die durchschnittliche Zeit zwischen Zulassung eines neuen Arzneimittels bis zur Verfügbarkeit für die Patient:innen in Europa rund 517 Tage“, so Oelrich. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten sind groß. Die Menschen im Norden und Westen des Kontinents warten zwischen 100 und 350 Tage, bis es ein innovatives Präparat an ihr Krankenbett schafft; im Süden und Osten sind es bis zu 850 Tage. „Die Ursachen dafür sind komplex und liegen meist außerhalb der Kontrolle der Arzneimittelherstellerfirmen“, sagt der EFPIA-Vizepräsident.

Was also tun, um das zu ändern? Laut EFPIA braucht es einen Dialog mit allen relevanten Akteur:innen der einzelnen Länder, um gemeinsam Lösungen im Sinne der Patient:innen zu erarbeiten. Der Verband spricht sich zudem für ein System aus, „in dem Länder, die weniger haben, auch weniger für Medikamente bezahlen“. Ein Teil der Lösung könnte auch eine Europäische Arzneimittel-Nutzenbewertung sein. Ab 2025 sollen die bislang nationalen Nutzenbewertungen von Gesundheitstechnologien europaweit harmonisiert ablaufen (s. Pharma Fakten), um unnötige, zeitintensive Doppelarbeit zu vermeiden – sodass Innovationen schneller verfügbar werden.

Vision: Ein wettbewerbsfähigeres, gesundes Europa

„Stell dir ein Europa vor, das bei wissenschaftlichen und medizinischen Durchbrüchen führend ist“, meint Lars Fruergaard Jørgensen, EFPIA-Präsident und Novo Nordisk-CEO. „Ein Europa, das die öffentliche Gesundheit entscheidend verändert und Millionen Menschenleben rettet – während es damit gleichzeitig für seine Wirtschaft und Sicherheit sorgt.“ Über die vergangenen Jahrzehnte sei Europa im internationalen Vergleich bei der Forschung und Entwicklung (F&E) ins Hintertreffen geraten. Die F&E-Investitionslücke zwischen der EU und den USA betrug 2002 zwei Milliarden Euro – inzwischen liegt sie bei 25 Milliarden Euro (s. Pharma Fakten). „Manche sprechen von einer Wettbewerbskrise Europas“, erklärt Lars Fruergaard Jørgensen. Nun sei es an der Zeit, das zu ändern.

Doch die Politik gehe in die falsche Richtung. Mit Blick auf das geplante EU-Pharma-Paket kritisiert er: „Während die USA Innovationen vorantreiben, ist die Europäische Union mit Regulieren beschäftigt.“ Es brauche einen robusten Schutz für geistiges Eigentum und einen zukunftsfähigen Rahmen für Forschung und Entwicklung, resiliente, moderne Lieferketten sowie innovationsfreundliche Marktbedingungen. „Unsere Industrie ist ein bedeutender Motor der europäischen Wirtschaft. Wir bieten hochqualifizierte Arbeitsplätze“. In Partnerschaft mit den Regierungen arbeite die Branche daran, die größten gesundheitlichen Herausforderungen der Welt zu meistern, betont der EFPIA-Präsident. Er glaubt fest an ein Europa, das weltweit führend in Sachen Innovationen ist. Aber tun das auch die politischen Entscheidungsträger:innen Europas?

Vision: Ein resilienteres, gesundes Europa

Bürokratie: Verhindert oft den vollen Umfang von Innovationen. © Jana Schneider auf Pixabay.com

„Die COVID-19-Pandemie, Kriege, Naturkatastrophen in Europa, Energiekrisen und steigende Lebenshaltungskosten haben den finanzwirtschaftlichen Druck auf die Gesundheitssysteme erhöht“, schreibt EFPIA. „Antimikrobielle Resistenzen und Klimawandel stellen neue, drängende Bedrohungen dar“. Ein resilienteres, nachhaltiges Europa ist dennoch möglich, findet der Verband – etwa mit einem System, das die Entwicklung neuartiger Antibiotika fördert, das konsequenter auf das Vermeiden von Krankheiten – etwa mit Hilfe von Impfungen – setzt, das vernetzter, digitaler ist. Laut EFPIA müsste zudem EU-weit eine verstärkte Prävention sowie frühe, präzise Diagnostik bei chronischen und seltenen Leiden sichergestellt werden, um die Krankheitslast zu reduzieren.

„Stell dir eine gesunde Wirtschaft mit noch gesünderen Bürger:innen vor. Stell dir vor, wie viele Leben und Lebensgrundlagen wir retten könnten. Stell dir vor, wie es wäre, an erster Front des wissenschaftlichen Fortschritts zu stehen – und die Welt zu verändern“, heißt es bei EFPIA. Wenn sich alle Akteur:innen in den Gesundheitssystemen Europas zusammentun und gemeinsam an dieser Vision arbeiten, kann sie Realität werden. Denn es hängt alles zusammen: „Gesundheit“ ist mehr als nur ein individueller Wert. Gesundheit ist Voraussetzung dafür, dass Gesellschaften sich entfalten und Wirtschaften florieren. Gesundheit ist die Basis für Wohlstand, für Zukunft – in Deutschland, Europa und weltweit.

Quelle: https://pharma-fakten.de

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