Die Sudetendeutschen
Rezension von Dr. Aide Rehbaum
Konrad Badenheuer: Die Sudetendeutschen. Eine Volksgruppe in Europa
In dritter Auflage erschien 2010 der Katalog zur Ausstellung „Die Sudentendeutschen – eine Volksgruppe in Europa“ des Journalisten Konrad Badenheuer.
In ansprechender Form und leicht verständlicher Sprache werden die Geschichte der deutschen Ostsiedlung bis ins 19. Jh. und Ursachen neuzeitlicher Gewaltausbrüche geschildert. Viele der Einzelheiten werden auch den Nachfahren der Vertriebenen weitgehend unbekannt sein und erhellen somit eine Wissenslücke, die bewusst oder unbewusst verantwortlichen Politikern gut in den Kram passt. Die Folgen des Ersten Weltkriegs und die Entstehung des tschechischen Nationalismus kommen im Geschichtsunterricht nicht vor. Nur Eigeninitiative erschließt die Quellen.
Im Mittelalter waren Deutsche aus Machtgründen vom König ins Land gerufen worden. Er wollte die wenig fruchtbaren Randgebiete seines Landes von ihnen kultivieren lassen. Sie kamen mit besseren Geräten und Wirtschaftsmethoden, gründeten Betriebe und erweckten bald den Missmut der ärmlichen Einheimischen. Wir kennen solche Konstellationen von anderswo bis heute. Benesch hetzte im Radio zur Vernichtung der Deutschen auf. Man erinnert sich an Ruanda.
Wenn Zeitzeugen erzählen, dann bezieht es sich auf persönliches Leid, weniger auf die Politik. Es galt, trotz der Vorbehalte der neuen Nachbarn, etwas Neues aufzubauen. Der Lastenausgleich weckte wieder Neid. Noch 20 Jahre nach der Flucht schmorte man auch deshalb in einer Parallelwelt der Vertriebenen. Man blieb gern unter sich. Wer nicht loslassen konnte von der Hoffnung auf Rückkehr, der kam nicht auf die Füße.
Die schmale Broschüre vermeidet Schuldzuweisungen, stellt die Rollen aller Beteiligten, auch der Alliierten, dar und verweist auf aktuelle Beispiele gleichartiger Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Namhafte Persönlichkeiten, die erfolglos auf die Rechte der vertriebenen Sudentendeutschen aufmerksam machten, werden angeführt.
Für tiefergehende Information wären in der Broschüre Fußnoten wünschenswert gewesen, die Literaturliste ist sehr pauschal. Als erster Einstieg in die Materie aber eine lohnende Lektüre.