Der deutsche Spitzenfußball ist spätestens seit den Siebzigern ein kommerzialisierter Sport, der firmenähnliche Vereinsstrukturen und kompetitives finanzielles Denken voraussetzt, um in der höchsten Liga Erfolge zu bringen. Besonders in den letzten Jahren erhöhen sich Einnahmen und wirtschaftliche Aggression der besten Vereine jedoch zunehmend. Ist der deutsche Spitzenfußball deshalb bereits zu kommerziell? Spielt nur noch Profit eine Rolle? Sind die Vereinstraditionen und das Ethos der Mannschaften völlig verdrängt worden?

Das Abwerben von Jungspielern – So aggressiv wie nie

FussballernachwuchsBesonders in der vergangenen Saison zeigten sich kleinere Vereine der Bundesliga entnervt über das Abwerbeverhalten von Riesen wie etwa dem FC Bayern München. Der Verein FC Augsburg beklagte sich darüber im Besonderen, insbesondere über die Methoden der Bayern. So sollen junge Nachwuchsspieler im Alter von 12 bis 13 Jahren bereits zu den Münchnern wechseln. Zu früh für die Entwicklungsstufe der Kinder, beklagt der Manager der Augsburger. Insgesamt scheint das Abwerbeverhalten der Vereine ein Problem. Denn während kleine bis mittelgroße Vereine in teure Kaderschmieden investieren, werben große Vereine die erfolgsversprechenden Jungspieler aus den Nachwuchslagern einfach ab. Ganz ähnlich sieht es mit Spielern aus, die bereits in der 2. Mannschaft oder der Kampfmannschaft des Vereins sind. Das dünnt die Teams qualitativ aus und schafft eine schlechtere Moral bei den hinterbliebenden Spielern, Trainern und dem Management. Das reduziert die Chance auf Überraschungen und sorgt langfristig dafür, dass die favorisierten Torschützen der Liga stetig bei den gleichen Vereinen spielen.

Markenbildung als Schlüsselfaktor für den Erfolg

Dass es längst nicht mehr nur um den Erfolg am Rasen geht, zeigen etwa die unterschiedlichen Resultate im Merchandising. So machte der FC Bayern München in der Saison 2016/17 einen Umsatz von mehr als 580 Millionen Euro – ein signifikanter Teil davon ist durch Fanartikeleinnahmen erzeugt worden. Natürlich macht der spielerische Erfolg, etwa in der Bundesliga und auf internationalem Parkett in der Champions League einen wichtigen Faktor aus. Die Vermarktung der eigenen Fanartikel und ein entsprechender Aufbau der eigenen Marke und Logo zur Trendmode, mit der man sich gerne identifiziert, ist dabei allerdings genauso wichtig. Schließlich benötigt man das Einkommen, um neue qualitative Spieler in den Verein zu bringen und neue Investitionen in die Zukunft des Vereins zu tätigen.

Der Verein als Investitionsmöglichkeit von Investoren

FussballstadionEbenfalls relevant ist die Möglichkeit, als Investor finanziell in einen Verein einzusteigen oder diesen sogar komplett zu übernehmen. Das praktizierte etwa der russische Milliardär Roman Ibramowitsch, der sich vor wenigen Jahren dazu entschloss, für etwa 500 Millionen Euro den Traditionsverein FC Chelsea zu kaufen. Während das Ereignis international für Aufmerksamkeit sorgte, sind zahllose Anteilkäufe oder Komplettübernahmen weniger bekannt. So sind die Vereine Leverkusen und Wolfsburg zu 100 Prozent Tochtergesellschaften der Bayer und Volkswagen AG.

Sepp Spiegl

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