Wo kommt Selters her und wer darf diesen Namen heute verwenden? Darf man noch „Sekt oder Selters“ fragen und was hat eine amerikanische Schmerztablette damit zu tun? Hier gibt es klare Antworten auf komplexe Fragen.

Mineralwasserkrug der Quelle in Niederselters aus dem 19. Jahrhundert ©wikipedia-Palauenc05

„Sekt oder Selters?“ Diese bekannte Frage zeigt, wie eingeführt der Name Selters als Gattungsbegriff für prickelndes Mineralwasser ist. Dabei bezeichnet er heute eine Mineralwassermarke aus Selters an der Lahn. Die Namens­herkunft scheint damit schnell geklärt. So einfach ist es aber nicht, rührt doch der Ortsname selbst wiederum vom ­Produkt des Mineralwassers. Und auch davon gibt es gleich mehrere: Selters im Westerwald, Selters an der Lahn (als Ortsteil der Gemeinde Löhnberg) und Selters im Taunus mit dem Quellen-Ortsteil Niederselters.

Der Name Selters stammt höchstwahrscheinlich von der römischen Bezeichnung „aqua saltare“ (= lat. „tanzendes Wasser“) ab, woraus im Laufe der Zeit zunächst „Saltrissa“ und dann „Selters“ wurde. Ab dem Ende des 16. Jahr­hunderts wurde das Mineralwasser in Millionen von Steinzeugkrügen in alle Welt exportiert, weil man dem Wasser eine heilende Wirkung für vielerlei ­Malaisen zuschrieb.

Vorgängername „Saltrissa“ im Jahr 772 erstmals erwähnt

Wenn man die älteste Marke Deutschlands sucht, wird meist „Meissner Porzellan“ genannt, weil dessen Marken­zeichen in Form zweier gekreuzter Schwerter seit 1731 verwendet wird. ­Bezieht man diese Frage aber auf den Markennamen, so ist es eindeutig ­„Selters“. Der Name für dieses Mineralwasser – zunächst aus Niederselters – wird bereits 1536 erwähnt und der ­Vorgängername „Saltrissa“ sogar schon 772, wie Schriften aus dem Benediktinerkloster Fulda belegen.

Bereits früh begann die Generalisierung des spezifischen Namens für allgemein sprudelnde Wässer, nicht nur in Deutschland, sondern auch international. Aus dem deutschen Wort „Selterser“ (= „von Selters stammend“) wird im Englischen „Seltzer“, auch „Aqua Seltzer“ und ­„Seltzer Water“. Sogar der amerikanische Marken­name „Alka-Seltzer“ nimmt so Bezug auf sprudelndes Wasser (weil es sprudelt, wenn man die so bekannte Acetylsalicyl­säure-Tablette in Wasser auflöst).

Die Geschichte des Produktes, genauer gesagt „der Produkte“, ist nicht ganz geradlinig, zumal es eine Zeit lang zwei Selters-Quellen gab, die auch zwischenzeitlich mal versiegten und neu gebohrt werden mussten. Die Ur-Selters-Quelle ­befand sich in Niederselters im Taunus. Diese bekam Ende des 19. Jahrhunderts Konkurrenz von einer Quelle aus Selters an der Lahn. 1896 wurde dort eine neue Quelle erbohrt. Zu Ehren der Gattin von Kaiser Wilhelm II. nannte man den Brunnen „Selters Mineralsprudel Augusta Victoria“. Danach begann der große Boom der Marke Selters. Bereits 1903 wurden dort mehr als 50.000 Gefäße täglich abgefüllt.

Quelle, Betrieb und Marke gehören heute Radeberger

© SELTERS Mineralquelle Augusta Victoria GmbH

Die erste Markenanmeldung erfolgte ­allerdings erst 1925, und zwar in Form einer Wort-Bild-Marke als „Selters-Sprudel Augusta Victoria“. Die zwei Quellen und die frühe Generalisierung des Namens Selters machten einen Markenschutz schwierig. Auch in der DDR bediente man sich des Namens Selters für den Vertrieb von Mineralwasser.

Einer der späteren Eigentümer, die ­Binding-Brauerei, kaufte 1990 die ­Urquelle in Niederselters auf und stellte deren Produktion 1999 endgültig ein. Heute gibt es nur noch Mineralwasser aus Selters an der Lahn. Quelle, Betrieb und Marke gehören inzwischen der ­Radeberger Gruppe.

Aktuell bekommt man das Mineral­wasser in vier Varianten mit unterschiedlichem Kohlensäureanteil als ­Selters classic, medium, sanft und naturell sowie als Selters-Apfelschorle. Der Duden führt als Synonyme die Begriffe Selter, Selters, Selterswasser, Selterwasser und Selterser sowie die Wortverbindung Seltersflasche. Das heißt, jeder kann diese Begriffe im Sprachgebrauch verwenden. Kommerziell als Produkt­bezeichnung darf Selters in Deutschland allerdings nur von der Selters Mineralquelle Augusta Victoria GmbH ver­wendet werden, oder durch von ihr ­lizenzierte Unternehmen.

 

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Bernd M. Samland
“Naming für erfolgreiche Marken”

https://shop.haufe.de/prod/naming-fuer-erfolgreiche-marken

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