von Sepp Spiegl

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Die deutsche Sprache ist reich an Redewendungen, die nicht nur den Alltag bunter machen, sondern auch tiefe kulturelle Wurzeln besitzen. Eine dieser Redewendungen ist „Durch die Blume gesagt“. Sie wird verwendet, um auszudrücken, dass jemand etwas indirekt oder auf eine subtile Weise kommuniziert. Doch woher stammt diese Redewendung, und wie wird sie in der Praxis verwendet? Ein Blick auf ihre Herkunft, Bedeutung und Verbreitung klärt auf.

Herkunft der Redewendung

Die Wurzeln der Redewendung reichen weit zurück. Schon im Mittelalter spielte die Symbolik von Blumen eine bedeutende Rolle. In der christlichen Ikonographie wurden Blumen oft als Träger von Botschaften eingesetzt, um Tugenden oder Charaktereigenschaften darzustellen. Die Rose beispielsweise stand für die Liebe und das Geheimnisvolle, die Lilie symbolisierte Reinheit und Unschuld. Diese Symbolik machte es möglich, komplexe Botschaften zu vermitteln, ohne sie direkt auszusprechen. In höfischen Kreisen des Mittelalters war es üblich, sich indirekt auszudrücken, um Etikette und Anstand zu wahren. Durch Blumenarrangements oder symbolische Gesten konnten Meinungen oder Gefühle elegant angedeutet werden. Diese Tradition setzte sich in der Frühmoderne fort und erreichte ihren Höhepunkt im viktorianischen Zeitalter, in dem die sogenannte „Sprache der Blumen“ („Floriographie“) populär wurde. Jede Blume hatte eine spezifische Bedeutung, und durch das Arrangement oder die Auswahl der Blumen konnte man komplexe Gefühle ausdrücken, ohne direkt Worte zu benutzen. Die Redewendung „Durch die Blume gesagt“ wurde im Deutschen vermutlich übernommen, um diese subtile Art der Kommunikation zu beschreiben. Sie weist darauf hin, dass eine Botschaft nicht direkt ausgesprochen wird, sondern durch Umschreibungen, Andeutungen oder metaphorische Sprache vermittelt wird – ähnlich wie die versteckten Botschaften in einem Blumenstrauß.

Bedeutung und Gebrauch

Wird etwas „durch die Blume gesagt“, so ist es meist eine kritische Bemerkung oder ein sensibles Thema, das indirekt angesprochen wird. Es handelt sich um eine Form der Schonung oder Höflichkeit, bei der man versucht, sein Gegenüber nicht vor den Kopf zu stoßen. Doch die Redewendung kann auch für positive Aussagen verwendet werden, wenn Lob oder Komplimente dezent und charmant formuliert werden sollen.

Beispiele für den Gebrauch:

  1. Im Beruf:
    • Chef: „Ihre Arbeit ist wirklich solide, aber es wäre gut, wenn wir in Zukunft etwas pünktlicher liefern könnten.“
      • Hier wird Kritik an der Einhaltung von Deadlines durch eine positive Einleitung abgemildert.
    • Kollege: „Ich finde, du bist unglaublich engagiert. Vielleicht könnten wir das Teamwork noch etwas stärker in den Fokus rücken.“
      • Diese Aussage vermittelt indirekt, dass das Teamwork verbessert werden könnte, während der Einsatz der Person gelobt wird.
  2. In der Familie:
    • Mutter: „Das neue Rezept ist ja interessant. Vielleicht wäre ein bisschen weniger Salz nächstes Mal noch besser.“
      • Indirekt wird mitgeteilt, dass das Essen zu salzig war, ohne den Koch direkt zu kränken.
    • Vater: „Du hast den Tisch ja wunderschön gedeckt. Vielleicht könnten wir noch etwas mehr Platz für die Teller schaffen.“
      • Ein Kompliment wird mit einem dezenten Hinweis auf eine praktische Verbesserung kombiniert.
  3. Unter Freunden:
    • Freund: „Dein neuer Hut ist wirklich ausgefallen. Das muss man sich erst einmal trauen!“
      • Die Aussage klingt neutral oder sogar bewundernd, könnte aber auch einen subtilen Hinweis darauf enthalten, dass der Hut nicht zum Geschmack des Sprechers passt.
    • Freundin: „Du bist immer so kreativ bei Geschenken. Das aktuelle ist mal etwas ganz Neues!“
      • Ein indirektes Lob, das auf charmante Weise den Geschmack des Geschenks offen lässt.

Diese Art der Kommunikation ist insbesondere im geschäftlichen Kontext, in zwischenmenschlichen Beziehungen oder auch bei diplomatischen Verhandlungen von Bedeutung. Sie erlaubt es, heikle Themen anzusprechen, ohne Konflikte zu provozieren, und bietet zugleich die Möglichkeit, Wertschätzung oder Kritik subtil auszudrücken.

Verwendung im Alltag

Im alltäglichen Sprachgebrauch wird die Redewendung oft humorvoll verwendet, um darauf hinzuweisen, dass eine Person zwar etwas indirekt gesagt hat, der Inhalt jedoch dennoch deutlich verstanden wurde. Beispiel: „Na, das war ja mal wieder durch die Blume gesagt!“ Dieser Satz kann sowohl Anerkennung für die subtile Kommunikation ausdrücken als auch ironisch gemeint sein, wenn die indirekte Aussage offensichtlich war.

Auch beim Humor wird die Redewendung eingesetzt:

  • Person A: „Ich finde es beeindruckend, wie du deinen ganz eigenen Stil durchziehst!“
  • Person B (lachend): „Danke, das war aber nett durch die Blume gesagt.“

Gebrauch im Ausland

Auch in anderen Sprachen gibt es ähnliche Konzepte. Im Englischen spricht man beispielsweise von „to sugarcoat something“ (etwas mit Zucker zu überziehen), was eine ähnliche Bedeutung hat. In Frankreich heißt es „parler par allusions“ (über Anspielungen sprechen). Die deutsche Redewendung „Durch die Blume gesagt“ ist jedoch einzigartig durch ihre bildhafte Verbindung zur Blumensymbolik.
„Durch die Blume gesagt“ ist eine charmante und gleichzeitig aussagekräftige Redewendung, die auf eine lange Tradition der indirekten Kommunikation zurückgeht. Sie illustriert nicht nur die Kunst, Kritik oder sensible Themen elegant zu vermitteln, sondern gibt auch Einblick in die kulturellen Feinheiten der deutschen Sprache. Ob im persönlichen oder beruflichen Umfeld – diese Redewendung bleibt ein zeitloser Ausdruck von Diplomatie und Taktgefühl.

 

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