Drama “Auf dem Weg”: Eine Wanderung als Selbstfindung

Jean Dujardin © Thomas Goisque – 2021-Radar Films

Pierre ist ein Charmebolzen, Kettenraucher und gepflegter Trinker, Egomane und gern gesehener Gast auf Partys. Nach einer durchzechten Nacht stürzt der Schriftsteller und Forscher Pierre (Jean Dujardin) mehrere Stockwerke in die Tiefe. Dabei zieht er sich dermaßen schwere Verletzungen zu, dass er in ein tiefes Koma fällt. Als er daraus plötzlich wieder erwacht, kann der Weg zurück ins Leben gar nicht schnell genug beschritten werden. Noch im Krankenbett liegend, schmiedet er große Pläne: Er will Frankreich zu Fuß durchqueren und dafür gut 1.300 Kilometer aus dem Nationalpark Mercantour in der südlichen Provence bis zur Halbinsel Cotentin ganz im Norden der Normandie laufen. Seine Ärzte sind davon alles andere als begeistert und raten Pierre mit Nachdruck davon ab. Doch der lässt sich nicht beirren und macht sich schon bald auf den Weg. Begleitet wird er dabei Abschnittsweise von seinem besten Freund Arnaud (Jonathan Zaccaï) sowie seiner kleinen Schwester Céline (Izïa Higelin). Aber auch alleine lässt er sich treiben, lernt fremde Menschen kennen und lernt dabei viel über das Leben.

Jean Dujardin © Thomas Goisque – 2021-Radar Films

Die Geschichte eines Mannes, der die Zeit anhält und im Unterwegssein Ruhe und Besinnung findet, wird auf drei Ebenen erzählt. Wir erfahren nicht nur von der Wanderung abseits ausgetretener Pfade, sondern auch von Pierres rauschhafter Vergangenheit als Womanizer, von seinen Erinnerungen an eine verlorene Liebe und vom erzwungenen Innehalten nach dem Unfall. Plötzlich ist er konfrontiert mit dem eigenen Tod. Pierre macht eine Verwandlung durch: Der Draufgänger auf der Überholspur und Verführer holder Weiblichkeit hat kaum etwas zu tun mit dem besonnenen Menschen, der kein Glas Alkohol anrührt. In einer wunderbaren Szene in der Einöde kauft er einer jungen Frau ein Stück Käse ab, aber geht nicht auf deren erotische Avancen ein, sondern setzt seinen Weg fort.

Schön sind in diesem Fall nicht nur die atemberaubenden Landschaftsaufnahmen der durchwanderten Gegend, sondern auch die undramatisch dargestellte, aber dramaturgisch gut durchdachte Komplexität des Protagonisten. Pierre ist ein einsamer, egoistischer Held, ein kompromissloser Abenteurer und ein Verlorener, der sich selbst wieder finden muss. Jean Dujardin spielt diesen mal mehr, mal weniger sympathischen Typen facettenreich und klug und verleiht dem Film die nötige Tiefe, die er braucht, um nicht im dunklen Tal der vor sich hin schlurfenden Der-Weg-ist-das-Ziel-Streifen zu enden.

 

Oscarpreisträger Jean Dujardin (THE ARTIST, INTRIGE) erfindet sich in der Rolle eines verwöhnten Schriftstellers neu. Frei nach der Lebensgeschichte und dem darauf basierenden Bestseller „Auf versunkenen Wegen“ des französischen Autors Sylvain Tesson (Der Schneeleopard, Weiß), besticht er als komplexer Charakterdarsteller vor den majestätischen Landschaften Frankreichs.

 

Auf dem Weg

Genre: Drama
Produktionsjahr: 2023
Produktionsland: Frankreich
Zusatzinfo: Mit Jean Dujardin, Joséphine Japy, Izïa Higelin u.a.
Regie: Denis Imbert
Länge: 94 Minuten
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 30. November

- ANZEIGE -