Beruf: In seiner Werkstatt bleibt die Hektik draußen
Der Regensburger Keramikermeister Gerhard Küffer ist Handwerker aus Leidenschaft. Nachwuchssorgen kennt er nicht, weil er auf Ausbildung setzt und auch, weil sein Team in ihm den „nettesten Chef Europas“ sieht.
Regensburg (obx) – Die Tür zu Gerhard Küffers Werkstatt ist wie das Tor hinein in eine andere Welt: Der Verkehrslärm, die Hektik bleiben draußen. Es ist ruhig und riecht nach feuchtem Ton. Jeder scheint genau zu wissen, was er zu tun hat. Eine Art heitere Konzentration ist zu spüren, innere Zufriedenheit, eine angenehme Ausgeglichenheit. In den Regalen buntes Geschirr. Die Drehscheibe surrt leise. Der Brennofen muss befüllt werden und hinten in der Ecke stehen die Eimer mit den Glasuren. Von draußen fällt gedämpftes Licht in die 150-Quadratmeter-Werkstatt in der Goldene-Bären-Straße 1 mitten in der historischen Regensburger Altstadt. Gerhard Küffer und seine Mitarbeiterinnen scheinen sich blind zu verstehen. Handwerkerromantik? „Nein, Realität. Denn schöner, als ich es habe, geht’s ja gar nicht“, sagt Keramiker-, Kachelofen- und Luftheizungsbaumeister Gerhard Küffer.
Wenn es nach dem Willen seines Vaters, eines evangelischen Pfarrers, gegangen wäre, dann wäre Gerhard Küffer heute entweder Griechischlehrer oder ebenfalls Pfarrer. Doch es sollte anders kommen. Nach dem Abitur im Jahr 1974 studierte Küffer zunächst Kunstgeschichte und Archäologie. Nebenbei besuchte er die Keramikerschule in Landshut. Als er nach drei Jahren seine Ausbildung abgeschlossen hatte, baute er seine ersten Kachelöfen.
Das Geschäft lief bestens und so hängte der heute 69-Jährige sein Studium kurzerhand an den Nagel. „Ich würde diese Entscheidung immer wieder so treffen“, sagt der Mann mit dem verschmitzten Lächeln. Von Ruhestand will Küffer nichts wissen. Und von Konkurrenzdenken schon gar nichts. „Viele Kollegen bilden nicht mehr aus, aus Angst, sich womöglich Konkurrenz herzuziehen. Ich verstehe das nicht, denn jeder macht etwas Anderes, jeder hat seinen eigenen Stil. Es gibt genug Arbeit.“
Über 60 Lehrlinge hat Küffer schon ausgebildet. Darunter 16 Kammersieger und zehn Landessieger bei der Deutschen Meisterschaft im Handwerk, Europas größtem Berufswettbewerb für Gesellinnen und Gesellen, sowie zwölf Preisträger beim Kreativwettbewerb „Die gute Form im Handwerk“. Küffer ist der Stolz über die hervorragenden Leistungen seiner Auszubildenden anzumerken. Er sagt: „Ich will mein Wissen weitergeben“. Und: „Am Wichtigsten ist mir ein gutes Klima in der Werkstatt. Bei mir darf sich jeder ausprobieren. Meine Auszubildenden lernen selbstständig zu arbeiten, ihren Stil zu entwickeln und sie bekommen viel Freiraum.“
Amelie Nähr bestätigt das. Die 18-Jährige ist im zweiten Lehrjahr zur Keramikerin und für die Lehrstelle bei Gerhard Küffer extra von Rothenburg ob der Tauber nach Regensburg gezogen. Die junge Frau geht in ihrem Beruf voll auf. „Ich wollte etwas lernen, das mich künstlerisch erfüllt und mit meinen Händen arbeiten. Ich bin immer wieder fasziniert davon, was man aus einem Stück Ton quasi aus dem Nichts mit seinen Händen erschaffen kann.“
Neben fünf Teilzeitverkäuferinnen beschäftigt Gerhard Küffer derzeit vier Auszubildende, zwei Gesellinnen und eine Keramikermeisterin. Nachwuchssorgen kennt der Handwerksunternehmer nicht. Warum? „Weil ich der netteste Chef Europas bin“, sagt er und grinst. Susanne Hufnagel, seine langjährigste Mitarbeiterin, muss lachen. „Für mich stimmt das auf jeden Fall“, entgegnet sie spontan. Die Gesellin arbeitet seit fast 30 Jahren in Küffers Werkstatt.
Die erfahrene Keramikerin engagiert sich auch als Prüfungsausschussmitglied im Rahmen der Gesellenprüfung bei der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz. 1994 hat die 57-Jährige ihre Ausbildung bei Gerhard Küffer angefangen. Sie hat inzwischen zwei erwachsene Söhne und noch immer viel Spaß an ihrem erlernten Beruf. „Die Vielseitigkeit meiner Arbeit fasziniert mich bis heute“, sagt sie.
Gerhard Küffer ist froh, dass er zwölf Menschen Arbeit geben und von seinem Beruf gut leben kann. Das Haus an der Goldene-Bären-Straße 1, das früher eine Schmiede, eine Kutschenmacherei und später eine Autowerkstatt beherbergte, gehört ihm. Hier lebt und arbeitet er. Sein Geschirr verkauft sich gut, auch bei der regionalen Gastronomie. Küffers Teller, Tassen und Schalen tragen seine Handschrift und werden auch nach individuellen Wünschen gefertigt.
Seine Tonmischungen und die Glasuren stellt der Handwerksmeister nach eigenen Rezepturen her. „Ich will nicht stehenbleiben und darum probieren wir immer auch neue Formen und Glasuren aus“, sagt der Handwerker, dessen zweites Standbein der Kachelofenbau ist. Für heuer ist Küffer mit Kachelöfen schon ausgebucht. „Jeder Ofenbauer, der jetzt nicht ausgebucht ist, macht was falsch“, stellt er lapidar fest. Seine Meisterbriefe – 1986 hat Küffer seinen Keramiker- und 1995 seinen Kachelofen- und Luftheizungsbaumeister gemacht – hängen in seiner Werkstatt. Handwerk bedeutet ihm viel: „Ich wollte immer ins Handwerk gehen, ich wollte immer Keramik machen, mein Beruf begeistert mich noch heute und ich habe meinen Entschluss, nicht weiter zu studieren, wirklich noch niemals bereut.“