Eine Wanderausstellung informiert

Das Jahr 321 nach Christi Geburt war für die Bewohner jüdischen Glaubens im Gebiet des Römischen Reiches eines mit Folgen: Kaiser Konstantin verfasste ein Dekret, welches die Ansiedlung einer jüdischen Gemeinde in Köln genehmigte und den Juden das Recht gab, sich in den Hauptstädten der römischen Provinzen in die Stadträte berufen zu lassen. Abgefasst ist diese Urkunde wie eine Antwort, was darauf hinweist, dass es jemanden oder eine Gruppe gegebenen haben musste, der oder die dem Kaiser ein entsprechendes Anliegen zugesandt hatte. Diese Urkunde war seinerzeit ausschließlich an den Kölner Stadtrat gerichtet worden. Das lässt verschiedene Schlüsse auf Motive und die Existenz jüdischen Lebens nördlich der Alpen zu. Das „MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln“ nahm das Jahr 321 zum Anlass, eine Wanderausstellung mit dem Titel „Menschen, Bilder, Orte – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ zu organisieren. Wegen der Corona-Pandemie kann die Ausstellung je nach Lage nur in sehr kleinen Besucher-Einheiten, meist nach Voranmeldungen, oder virtuell besichtigt werden.

Die Wanderausstellung besteht aus vier gleichseitigen begehbaren Kuben von jeweils neun Quadratmetern Grundfläche und zweieinhalb Metern Höhe. Jedem dieser Kuben ist ein Leit-Thema zugeordnet: „Recht und Unrecht“, „Leben und Miteinander“, „Religion und Geistesgeschichte“ sowie „Kunst und Kultur“. In den Kuben werden die Besucher multimedial informiert und mit verschiedenen Aspekten und Informationen zu diesen Themen konfrontiert. Dabei sind es nicht nur die Biografien bekannter und bedeutender jüdischer Persönlichkeiten, die mit den von ihnen gesetzten kulturellen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Markierungen jüdisches Leben in Deutschland begreifbar machen sollen. Vielmehr bieten die Lebenswege derer, die nicht in der Öffentlichkeit standen, eher die Möglichkeit, in normales jüdisches Gesellschaftsleben einzudringen und dies zu verstehen.

Ein besonderes Konzept

Eine solche Ausstellung ist umso wichtiger, als antisemitisches Gedankengut in zunehmendem Maße wieder an Einfluss gewinnt. Zwar ist Judenhass keine ausschließlich deutsche Krankheit, sondern eine Krankheit, die sich in vielen Ländern auf die eine oder andere Art gezeigt hat und immer noch zeigt. Jedoch, wer in Deutschland lebt und wer als Deutscher in Deutschland lebt, muss besonders wachsam sein. Wir Deutschen tragen vor dem Hintergrund real praktizierter Versuche der „Endlösung“ mit Millionen jüdischer Opfer eine besondere Verantwortung, auch und gerade heutzutage. Die Wanderausstellung „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ trägt der Selbstverständlichkeit jüdischen Lebens in Deutschland auf besondere Weise Rechnung, indem sie den Schwerpunkt eben nicht auf Holocaust, Shoah, Judenverfolgung oder Juden-Pogrome legt, sondern diesen lediglich einen geschichtlich relevanten Raum gibt. Die Besucher erhalten so die Chance, sich ohne den erhobenen Zeigefinger im Nacken über das Judentum zu informieren, um feststellen zu können, wie „normal“, liebenswert und interessant jüdisches Leben und jüdische Kultur sind.

Orte und Termine

Die Wanderausstellung hatte ihren Startschuss in der Alten Synagoge Essen und war dort vom 03. März 2021 bis zum 27. April unter den geltenden Corona-Regeln zu besichtigen. Am 06. Mai zog sie in das LWL-Landeshaus Münster, wo sie bis zum 25. Juni 2021 Halt macht. Im LVR-Landeshaus Köln gastiert sie vom 02. Juli 2021 bis zum 12. August 2021, vom 18. August 2021 bis zum. 15. Oktober 2021 ist sie im LVR-Niederrhein-Museum in Wesel zu besichtigen. Die vorläufig letzte Station ist das Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund vom 24. Oktober 2021 bis zum 12. Dezember 2021. Für das Jahr 2022 sind weitere Ausstellungstermine in anderen Städten geplant – unter hoffentlich anderen Umständen.

 

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