Echte Prüfung der politischen Reife
Nachkriegsdeutschland hat in den 75 Jahren seines staatlichen Bestehens schon eine Reihe von Krisen erlebt und überstanden. In Sonderheit der ehemals westliche Teil des Landes namens Bundesrepublik. Seit seiner Wiedervereinigung sind mittlerweile 34 Jahre vergangen. Jahre, die eigentlich beglückt hätten verlaufen sollen und auch können. Doch schon nach einer vergleichsweise kurzen Zeit gemeinsamer Freude über das unvorhergesehene, besser: unvorhersehbare, wirklich historische Ereignis sind links und rechts der Elbe wieder Unmut, Missgunst, Neid und Zwietracht eingezogen. Keineswegs nur im (inzwischen mehr gar nicht so „neuen“) Osten, sondern (zumindest in der Tendenz) genauso im satten und saturierten Westen. Jetzt, nach dem Scheitern der Berliner Ampel-Regierung und vorgezogenen Neuwahlen in einem von Kriegen und Krisen bewegten Weltgeschehen, steht Deutschland vor seiner vielleicht größten demokratischen Bewährungsprobe.
Der Tag als die Mauer fiel
Der 9. November ist ein magisches Datum in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Am 9. November 1918 wurde in Berlin von dem Sozialdemokraten Philipp Scheidemann die Republik ausgerufen. Fünf Jahre später, am 9. November 1923, erlebte München den Hitler-Ludendorff-Putsch. Es war das erste Mal, dass die nationalsozialistische Bewegung international wahrgenommen wurde. Wir wissen nicht, ob die beiden Putschisten damals als Vorbild den Staatsstreich vom 18. Brumaire im Sinn hatten, bei dem sich am 9. November 1799 Napoleon in Frankreich an die Spitze des cäsaristischen Systems gestellt hatte. Am 9. November 1938 erlebte das nationalsozialistische Deutschland überall im Lande antijüdische Pogrome, die die Nazis verharmlosend „Kristallnacht“ benannten. Und dann endlich - am 9. November 1989 – der glückhafte Moment, als in Berlin die Mauer fiel, die die Stadt seit 1961 gespalten hatte.
Die Geschichte einer schwierigen Freundschaft
Helmut Kohl und Michail Gorbatschow - ein Paar, das ohne Zweifel Weltgeschichte geschrieben hat. Am Ende war da eine echte, tiefe Männerfreundschaft. Das war zu Beginn keineswegs so zu erwarten. Doch die entscheidenden Verhandlungen im Kaukasus um die Einzelheiten der deutschen Einheit, der deutsche Versuch, den wankenden Kreml-Chef mit Wirtschaftshilfen gegen seine Widersacher abzuschirmen - in den folgenden drei Jahrzehnten ereignete sich Geschichte, die gerade in diesen Tagen wieder an Bedeutung gewinnt. Hier ist ein Stück Beschreibung jener Vorgänge, deren Zeuge man selbst gewesen ist.
Der Weg zur deutschen Einheit (V)
Im Sommer 1989 war die Wiederereinigung Deutschlands und der Deutschen noch keineswegs sicher. Nicht nur im Ausland stellte man die Frage nach der Zuverlässigkeit der Demokratie, aber auch nach möglichen künftigen politischen Asrichtungen des größer und mächtiger werdenden Gebiets im Zentrum Europas. Diese Zweifel zu beseitigen, verlangte eine Herkules-Anstrengung. Aber sie gelang. Im Inland wie in den Staaten ringsum begriffen die Menschen, wie groß und entscheidend die Unterschiede zwischen der Reichsgründung 1871 und der revolutionären Bürgererhebung von 1989 waren.
Der Weg zur deutschen Einheit (III)
Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten scheint nicht mehr aufzuhalten. Doch bei den Nachbarn wächst die Sorge, der neue und größer gewordene Staat in der Mitte Europas könnte erneut nach Vormacht streben. Eine im internationalen Geschehen ungewöhnliche Konstellaton sorgt dafür, dass diese Angst verfliegt: Das Vertrauen der damaligen "Großen" der Welt in die Zusagen der Kollegen. Und der erste (und einzige) freigewählte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maiziere, hat als wichtigstes Regierungsziel, sein Amt und seine Regierung überflüssig zu machen.
Der Weg zur deutschen Einheit (II)
Dass Deutschland nach 45 Jahren Trennung 1990 seine nationale Einheit wieder erlangen konnte, ist ganz gewiss in vorderster Linie dem Mut der Menschen in der DDR zu verdanken. Die geschichtliche Wahrheit gebietet allerdings, auf die vorangegangenen Enwicklungen in den anderen Ländern Ost-Europas hinzuweisen - auf die Freiheitsbewegungen in Polen, Ungarn, der Tschechoslowakei, Rumänien. Nicht zu vergessen aber auch die Rolle, die - neben Bundeskanzler Helmut Kohl - die Staatschefs der damaligen UdSSR, Michail Gorbatschow, und der USA, George Busch, und andere spielten. Das Wunder von 1989 - es ist erst 30 Jahre her.
400 Meter für den Kanzler der Einheit
Nach langem Gefeilsche und Gewürge hat jetzt auch Bonn eine Helmut-Kohl-Straße. Es ist ein 400 Meter langer Abschnitt der Bundesstraße 9. Immerhin allerdings exakt in Höhe der Museumsmeile, die nicht zuletzt auf Betreiben des einstigen Bundeskanzlers als Ausgleich für den Wechsel der Politik nach Berlin entstand. Die Einweihung war zugleich auch ein Treffen der alten Kanzleramts-Veteranen.
H.-D. Genscher – ein Großer ist abgetreten
Der am 1. April im Alter von 89 Jahren verstorbene ehemalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher wird mit einem Staatsakt geehrt. Er hat es verdient mit seiner Lebensleistung. Mit Genscher ist einer der Großen der deutschen Politik gestorben.