Wer das Vergessen stört
Rezension von Dr. Aide Rehbaum
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Tessa Duncan: Wer das Vergessen stört
Sowohl das Pseudonym der Autorin als auch der Titel knüpfen an englische Erfolgskrimis an, denen dieser Erstling der Autorin allerdings nicht gewachsen ist. Bisher hat sie historische Romane geschrieben. Sie schöpft jedoch aus ihrer Erfahrung als forensische Gutachterin und Psychotherapeutin und verarbeitet in zwei verschiedenen Handlungssträngen einen Fall häuslicher Gewalt und einen wahren Fall mit Tätern im Kindesalter. Offenbar befürchtete sie, der zentrale Mord gäbe nicht genug Stoff her. Denn die Fälle haben nicht miteinander zu tun.
Während sich einerseits der brutale Konflikt zwischen Samantha Harris und ihrem Ehemann in typischer Weise entwickelt, folgt der Leser Vera Osmond, die sich wegen psychosomatischer Beschwerden in psychiatrische Behandlung begibt. Bald diagnostiziert ihre Therapeutin eine Retraumatisierung, die mit der Kindheit zu tun haben muss.
Nachdem Vera durch einen Sturz vom Hochhaus zu Tode kommt, beginnt ihre Therapeutin, die nicht – im Gegensatz zur Polizei – an einen Selbstmord glaubt, zu recherchieren. Ihre Patientin war durch aufschlussreiche Träume auf verstörende Details aufmerksam geworden, denen sie offenbar nachging. Ihre Eltern hatten die damals vierjährige Vera unbewusst lebenslang für den Tod ihrer kleinen Schwester büßen lassen und dessen wirkliche Hintergründe verschleiert.
Auf weiter Strecke springt Duncan zwischen den zwei Fällen hin und her. Das steigert nicht etwa die Spannung, sondern flacht den Bogen erheblich ab. Auch die privaten Verstrickungen der Psychologin mit ihrem Lover, auf dessen Hilfe sie gegen alle Konsequenz und Vernunft immer wieder zurückgreift, weil er bei der Polizei arbeitet und nützlicherweise illegal Informationen liefert, wirken eher störend was die Spannung angeht. Die Herangehensweise der Therapeutin an die Behandlung entspricht zumindest nicht freudscher Behandlungsmethodik. Die Reaktionen der Täter wirkten etwas unglaubwürdig, vielleicht zu sehr an der Realität angelehnt.
Tessa Duncan hat in Psychologie promoviert und ist ausgebildete Klinische Psychologin und Psychotherapeutin. Nach zehn Jahren in diesem Berufszweig ihres Fachs und weiteren über zwanzig Jahren als selbstständige Unternehmensberaterin konzentriert sie sich heute fast nur noch aufs Schreiben. Unter dem Pseudonym Marie Lacrosse wurde sie zur vielfachen Bestsellerautorin. ›Wer das Vergessen stört‹ ist ihr erster Roman für dtv. Tessa Duncan lebt mit ihrem Mann und Kater Mirko in einem beschaulichen Weinort.
dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
1. Auflage