Rezension von Dr. Aide Rehbaum

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Hendrik Groen: Herrenabend, Das letzte geheime Tagebuch des Hendrik Groen 90 Jahre

Hendrik Groen alias Peter de Smet

Gott sei Dank, könnte man sagen, ist es das letzte. Mögen die beiden Vorgängerbände des Autors auch Spiegel-Bestseller gewesen sein, Fortsetzungen einer Erfolgsgeschichte haben häufig den Geschmack des nochmal Ausgewalzten und Aufgewärmten – nun noch in die Coronazeit hinein, mit deren Einschränkungen sich die Senioren arrangieren müssen.

Der Leser erlebt durch die Wahl der Tagebuchform recht hautnah mit, wie sich ein im Seniorenheim lebender pensionierter Lehrer mit der Diagnose Alzheimer der zunehmenden Vergesslichkeit und seinem allmählichen mentalen Verfall entgegenstemmt. Noch taxiert er hellsichtig den geistigen Zustand seiner Mitbewohner und macht sich Sorgen, ob er selbst ein aufsässiger oder ein gepflegter freundlicher Alzheimerpatient werden wird. Damit er immer wieder nachlesen kann, was passiert ist bzw. wie er sich fühlte, beginnt er ein Tagebuch. Das schreibt er anfangs ausführlich, später muss die Enkelin Wiederholungen ausmerzen. Die Einträge werden immer seltener und kürzer. Zuletzt diktiert er der Freundin Leonie, die noch fit ist. Frida begleitet ihn fast täglich beim Gassi gehen mit dem Hund, Fräulein Jansen, zum Strand. Weiteres Highlight ist der Männerclub Alanito (Alt-aber-nicht-tot), der dem täglichen Einerlei aus Spazieren, essen, schlafen oder Puzzle zusammensetzen noch feuchtfröhliche Akzente setzt. Auch alte Freunde in anderen Heimen besucht er selbständig. Schließlich kommt der Tag, an dem er den Hund unterwegs vergisst, der Computer versagt oder später die Handschrift unleserlich ist. Irgendwann bewältigt er das Puzzle einer Sechsjährigen nicht mehr. Zunehmend verwirrt wird er ins Pflegeheim verlegt.

Der Autor versucht dem Thema Alzheimer etwas den Schrecken zu nehmen, indem er in rührender Weise die Methoden zeigt, mit denen der Protagonist versucht, sein Erinnerungsvermögen so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, würzt die Texte mit Selbstironie. Aber selbst (schwarzer) Humor hat einen bitteren Beigeschmack. Dennoch mag das Buch tröstliche Aspekte für Angehörige haben, die mit ähnlichen Gegebenheiten konfrontiert sind.

 

 

Hendrik Groen ist das Pseudonym des öffentlichkeitsscheuen niederländischen Bibliothekars Peter de Smet (geb. 1954). Seine fiktiven Tagebücher „Eierlikörtage“ und „Tanztee“ wurden in den Niederlanden jeweils zum „Buch des Jahres“ gewählt und verkauften sich in über sechsunddreißig Länder, wo sie große Erfolge feierten. Sie wurden außerdem zu einer Fernsehserie mit Millionenpublikum sowie einem Theaterstück adaptiert. Zuletzt erschien bei Piper Groens Roman „Lieber Rotwein als tot sein“.

 

Piper Verlag GmbH

€ 20,00 [D], € 20,60 [A]
Erschienen am 29.07.2021
Übersetzt von: Gaby van Dam
240 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
EAN 978-3-492-07128-4
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