Nottestament: Zu den Voraussetzungen für ein gültiges Dreizeugentestament
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 01.12.2022
– 10 W 75/22 –
Der für das Erb- und Landwirtschaftsrecht zuständige 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hatte in einem landwirtschaftsrechtlichen Verfahren über ein Nottestament vor drei Zeugen zu befinden.
Kann aufgrund naher Todesgefahr ein Testament nicht mehr vor dem Notar und als Nottestament vor dem Bürgermeister errichtet werden, so kann der Erblasser sein Testament mündlich vor drei Zeugen erklären (sogenanntes Dreizeugentestament). Hierüber muss eine Niederschrift gefertigt werden, die dem Erblasser vorzulesen ist und die dieser genehmigen und grundsätzlich selbst unterschreiben muss. Im Falle der Schreibunfähigkeit reicht die Unterschrift durch die Zeugen.
Um die Frage der wirksamen Errichtung eines solchen Dreizeugentestaments ging es in einem vom Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Schwelm und dem Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Hamm entschiedenen Fall.
Der im April 2019 verstorbene Erblasser aus Wuppertal hinterließ unter anderem einen im Grundbuch eingetragenen Hof in Ennepetal. Seine Frau war bereits früher verstorben, eigene Kinder hatten die Eheleute nicht. Auf dem Hof betrieben ein Pächter und dessen Ehemann eine Pferdepension. Dieser Pächter beanspruchte auf der Grundlage eines Dreizeugentestaments die Stellung als Alleinerbe für sich. Dem traten zwei entfernte Verwandte des Erblassers als gesetzliche Erben entgegen. Das Landwirtschaftsgericht Schwelm und der Senat für Landwirtschaftssachen konnten sich nicht mit der notwendigen Sicherheit von einer gültigen Errichtung des Dreizeugentestaments überzeugen, so dass der Antrag des Pächters auf Erteilung eines Erbscheins und Hoffolgezeugnisses abgelehnt und seine hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen wurden.
Der Pächter hatte zunächst über einen Notar ein von seinem Ehemann und drei Zeugen unterzeichnetes computergeschriebenes Protokoll bei Gericht eingereicht, aus dem sich ein vom Erblasser kurz vor seinem Tod mündlich geäußerter letzter Wille ergab. Erst nachdem das Gericht den Pächter darauf hingewiesen hatte, dass das erst nach dem Tod erstellte Protokoll kein wirksames Dreizeugentestament sein konnte, reichte dieser eine inhaltlich gleichlautende handschriftliche Version ein. Diese war ebenfalls von seinem Ehemann erstellt worden und trug ebenfalls die Unterschriften der drei Testamentszeugen. Der Pächter erklärte hierzu, dass er in der Todesnacht die Zeugen hinzugezogen habe, weil der Erblasser nicht mehr ins Krankenhaus wollte und er sich angesichts des bevorstehenden Todes insoweit absichern wollte. In Gegenwart der Zeugen habe der Erblasser dann mündlich sein Testament erklärt. Die von seinem Ehemann gefertigte Niederschrift sei dem Erblasser vorgelesen und von ihm genehmigt worden. Der Erblasser selbst habe nicht mehr unterschreiben können. Dieses Dokument sei dann noch zu seinen Lebzeiten von den Zeugen unterschrieben worden.
Der Landwirtschaftssenat hat den Pächter als Antragsteller angehört und seinen Ehemann, die drei Testamentszeugen und den Notar als Zeugen vernommen. Im Ergebnis konnte der Senat sich nicht davon überzeugen, dass das Testament so wie behauptet und damit wirksam errichtet wurde. Zwar hatte der Senat keinen Grund anzunehmen, dass das vorgelegte Schriftstück den letzten Willen des Verstorbenen inhaltlich nicht richtig wiedergab. Indes verblieben aufgrund der Verfahrensgeschichte und der Angaben der Zeugen zu große Zweifel an einer gültigen Testamentserrichtung. Der Senat geht davon aus, dass von einem juristischen Laien wie dem Pächter zu erwarten gewesen wäre, dass er das handschriftliche Protokoll, hätte es damals schon existiert, direkt bei dem Notar und dem Gericht vorgelegt hätte. Ein Grund dafür, warum nur das – wegen der zu späten Anfertigung – ungültige Protokoll vom Folgetag vorgelegt wurde und nicht mindestens auch das handschriftliche Dokument aus der Todesnacht, ist nicht ersichtlich und auch nicht plausibel erklärt worden. Auch die Vernehmung der Zeugen konnte diese Zweifel nicht zerstreuen, zumal die Zeugen unterschiedliche Angaben zu den Einzelheiten des Ablaufs in der Todesnacht machten, sich teilweise in Widerspruch zu ihren in erster Instanz gemachten Angaben setzten und einer der Testamentszeugen in erster Instanz gar erklärt hatte, in der Todesnacht sei nichts unterschrieben worden. Auch ist insgesamt nicht verständlich geworden, warum der Erblasser nicht mehr selbst unterschreiben konnte.
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