Wie selten zuvor erweist sich die Mozartstadt im 100. Festpieljahr als unübertroffene Bühne der Welt.

Von Dr. Bernd Kregel

Mozarts Geburtshaus in der Getreidegasse

Eine Stadt steht Kopf. Mit geradezu unvorstellbarer Wucht hat das Jubiläumsfieber von Salzburg Besitz ergriffen. Denn mit hundert Jahren Festspieltradition feiert die Stadt eine grandiose kulturelle Vielfalt, die weltweit ihresgleichen sucht. Und sie zelebriert dabei ein wenig auch sich selbst als die zauberhafte Kulisse dieses mit Ungeduld erwarteten Großereignisses.

Mozart allein wäre bereits eine ausreichende Erklärung für den Nimbus, der die Stadt stets umgab. Dafür steht symbolisch sein Geburtshaus in der Getreidegasse, das nicht nur die Zeitläufte unversehrt überdauerte, sondern noch heute seine Türen öffnet für die Fangemeinde aus aller Welt. Beim Gang durch die Stadt verdichtet sich zudem der Eindruck, als schwebe Mozarts Genius in tänzelnden Rhythmen über den Wassern der Salzach.

Epizentrum eines Kulturbebens

Und dennoch bedurfte es einer weiteren Initialzündung, um Salzburg ein weiteres Stück nach oben zu katapultieren. Als Epizentrum dieses Kulturbebens gilt das prächtige Barockschloss Leopoldskron, in dessen Salon sein einstiger Besitzer Max Reinhardt mit seinen Weggefährten Hugo vom Hofmannsthal und Richard Strauss kurz nach dem Ersten Weltkrieg die Salzburger Festspiele als eine Art Friedensprojekt aus der Taufe hob.

Als Vorhut für die immer reichhaltiger sich entfaltende Festspieltradition bewährte sich das Theaterstück „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal, das seitdem auf dem Domplatz alljährlich eine unglaubliche Anziehungskraft ausübt. Natürlich ließ auch ein üppiges Musikprogramm in der Mozartstadt nicht lange auf sich warten, und erstaunt blickt man heute weit über Salzburg hinaus zurück auf ein Jahrhundert lebendiger kultureller Tradition.

Beflügelnder Tanz

Intendant der Mozartwoche Rolando Villazon

Der Startenor Rolando Villazon wurde damit betraut, als Intendant der renommierten Mozartwoche den diesjährigen Festspielreigen zu eröffnen. Für ihn ist nicht nur Mozart, sondern die ganze Stadt eine Offenbarung: „Salzburg bringt mein Herz zum Tanzen!“ bekennt er freimütig und lässt das Programm der gesamten Mozartwoche an seiner Begeisterung teilhaben.

Dies zeigt sich bereits am Eröffnungsabend Ende Januar im Haus für Mozart. Dabei gelangt Georg Friedrich Händels „Messias“ in der wenig bekannten Überarbeitung durch Wolfgang Amadeus Mozart zur Aufführung, in der eine teilweise vom Original abweichende Instrumentierung zu abweichenden Hörerlebnissen führt. Hinzu kommt, dass in der Inszenierung von Robert Wilson die religiösen Texte nicht nur musikalisch dargeboten werden, sondern zugleich auch auf der Ebene des Tanzes eine szenische Interpretation erfahren. Ein gewagtes und dabei doch beflügelndes Experiment!

Maestro Barenboim

Zum Abheben veranlasst auch ein anderes Großereignis der Mozartwoche, dieses Mal im Großen Festspielhaus. Es ist ein Konzertabend der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Daniel Barenboim. Als bezaubernd erweist sich bereits Mozarts Konzert in Es-Dur für Horn und Orchester mit Radek Baborak als Solist. Betörend lyrisch ertönt das Thema der „Romance“, die zusammen mit einer fröhlichen Jagdmusik im dritten Satz das Werk abrundet.

Maestro Daniel Barenboim im Großen Festspielhaus

Doch als Steigerung behält der Maestro es sich vor, in Mozarts Konzert d-Moll für Klavier und Orchester vom Dirigentenpult aus zugleich auch den Solopart am Flügel zu übernehmen. Daniel Barenboim gelingt dabei der überzeugende Beweis, warum diese als „dramatisch“ angelegte Werk sich unter den Klavierkonzerten der Musikliteratur einer solchen Begeisterung erfreut, die ihm auch an diesem Abend zuteil wird.

Großes Welttheater

Wie Salzburg das Herz zum Tanzen bringt, zeigt sich auch während eines gemeinsamen Rundgangs mit Stadtführerin Karin Priewasser. Auf Mozarts Spuren gelingt es ihr, die romantische Stadtkulisse von ihren schönsten Seiten aus erlebbar zu machen: Über allem thronend die Festung der Fürstbischöfe, darunter die Kirchtürme, die die mächtige Domkuppel umrahmen. Und nicht zu vergessen das Mozartdenkmal auf dem Mozartplatz, dessen Entstehungsgeschichte und Ausstrahlung wesentlichen Einfluss hatten auf die ursprüngliche Planung der Festspiele.

Die genauen Zusammenhänge sollen demnächst im Salzburg Museum aufwändig vor den Besuchern der Festspiele ausgebreitet werden. Dafür verbürgt sich Museumsdirektor Martin Hochleitner. Denn unter dem Titel „Großes Welttheater – 100 Jahre Salzburger Festspiele“ entsteht unter seiner Leitung eine Landesausstellung, die von Ende April bis Ende Oktober 2020 bislang unbekannte Details zu den Festspielen aufzeigen soll.

Höhepunkte des Festspielreigens

Das zunächst wichtigste Ereignis nach der Mozartwoche stellen im Rahmen des Festspieljubiläums jedoch die Osterfestspiele dar. Unter der Leitung von Christian Thielemann werden in diesem Zeitraum von der Staatskapelle Dresden Glanzstücke der Musikliteratur präsentiert. Vor allem Verdis Meisterwerk „Don Carlos“, das als große Oper daherkommt, sich aber gleichzeitig, so ist zu erfahren, als psychologisches Kammerspiel entpuppen soll.

Fassade des Salzburger Festspielhauses

Ähnlich verhält es sich auch mit den Pfingstfestspielen, die nun seit nahezu fünfzig Jahren das Programm der Salzburger Festspiele bereichern. Unter der Leitung von Cecilia Bartoli steht im Haus für Mozart auch Donizettis Oper „Don Pasquale“ auf dem Programm. Dabei lässt es sich die Intendantin nicht nehmen, die Partie der Norina höchstpersönlich zu übernehmen. So mündet das Pfingstprogramm schließlich ein in die Salzburger Sommerfestspiele vom 18, Juli bis zum 30. August, mit denen der Festspielreigen schließlich einen weiteren Höhepunkt erfährt.

Augenzwinkernde Situationskomik

Bei all diesen Giganten des Festspielprogramms könnte leicht das traditionsreiche Salzburger Marionettentheater übersehen werden. „Punkitititi!“ heißt die soeben vorgestellte Neuproduktion, bei der man oftmals vergeblich Ausschau hält nach den gewohnten Marionettenfiguren. In der Inszenierung von Doug Fitch und unter der musikalischen Leitung von Florian Willeitner spielt sich bei teils martialisch anmutenden Mozartklängen stattdessen ein erwachsener Mann in den Vordergrund.

Es ist, so begreift man schnell, ein Künstler auf der Suche nach ich selbst. Dabei kann die Bewältigung seiner Identitätskrise die skurrilsten Formen eines Albtraums annehmen, wie der dramatisch verlaufende Kampf gegen eine in seinen Lebensbereich eindringende Riesenkrake beweist. Durchweg wird dabei eine augenzwinkernde Situationskomik erkennbar, die erheiternd wirken muss und das überraschte Publikum zu Beifallsstürmen veranlasst. Ist es da ein Wunder, wenn Salzburg auch im kleinen Rahmen die Herzen zum Tanzen bringt?

Titelfoto: Gartenfassade von Schloss Mirabell

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Reiseinformation „Salzburg/Festspieljubiläum“:

Anreise

per Flug günstig mit Eurowings ab Köln, Hamburg, Düsseldorf und Berlin, www.eurowings.com; alternativ per Auto oder Bahn

Reisezeit

Die Salzburger Festspiele beginnen mit der Mozartwoche Ende Januar und erstrecken sich über die Oster-, Pfingst- und Sommerfestspiele bis hinein in den Herbst: www.salzburgerfestspiele.at

Unterkunft und Pauschalen

Hotelbuchungen sind möglich online über www.salzburg.info/hotels; www.salzburg.info/pauschalen;

Essen und Trinken

direkt im Festspielbezirk: Café Restaurant Triangel, Wiener Philharmonikergasse 7, Tel. +43 662 842229, www.triangel-salzburg.co.at: ebenfalls empfehlenswert: Magazin, www.magazin.co.at;

Salzburg Card

Unbedingt empfehlenswert ist der Erwerb einer Salzburg Card. Sie ermöglicht u.a. kostenlosen Eintritt in Salzburgs Musee, die freie Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie zahlreiche weitere Vergünsigungen: www.salzburg.info/salzburgcard

Auskunft

Tourismus Salzburg: www.salzburg.info sowie Salzburger Land Tourismus: www.salzburgerland.com;

Recherchehinweis: Die Recherche wurde unterstützt von Tourismus Salzburg und Salzburger Land Tourismus.

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