Den Menschen sehen, nicht die Behinderung
Raúl Krauthausen ist einer der mutigsten Menschen, die ich kenne! Seine gesellschaftliche Arbeit ist richtungsweisend!rk behindert, setzt er sich nachdrücklich für Menschen mit Behinderungen ein und lässt sie selbst zu Wort kommen! Ein Gespräch zum neuen Jahr und zu seinen neuesten Plänen mit ihm soll zeigen, was ihn motiviert und unseren Lesern die Bekanntschaft mit diesem wichtigen Aktivisten ermöglichen.
rantlos: Herr Krauthausen, Sie nennen sich Aktivist- in welche Richtung sind Sie denn aktiv?
Raúl Krauthausen: Ich engagiere mich bei verschiedenen Organisationen und Projekten für die Belange von Menschen mit Behinderung in
Deutschland. Als Mitglied des gemeinnützigen Vereins SOZIALHELDEN e.V. arbeite ich zum Beispiel an Leidmedien.de, einer Informationsplattform für Journalistinnen und Journalisten und Medienmacher, die sich darüber informieren wollen, wie sie vorurteilsfrei über behinderte Menschen berichten können. Oder an Wheelmap.org, der Onlinekarte für rollstuhlgerechte Orte.
Darüber hinaus engagiere ich mich bei AbilityWatch auch auf politischer Ebene für die Rechte behinderter Menschen. Am bekanntesten war vielleicht das Heimexperiment.de im vergangenen Jahr. Bei dem habe ich mich anonym in ein Heim einweisen lassen, um zu erproben, ob das neue Bundesteilhabegesetz für mich und andere möglicherweise schwerwiegende Einschnitte in der Lebensqualität zur Folge hätte.
rantlos: Sie starten gerade ein neues Projekt, das Sie über Crowdfunding finanzieren. Was haben Sie vor?
Raúl Krauthausen: Ich möchte unabhängiger von Projekten und Vereinen arbeiten und mehr Menschen mit Behinderung in Deutschland kennenlernen, Interviews mit ihnen führen oder Artikel über behindertenrelevante Themen schreiben. Wie zum Beispiel: raul.de/leben-mit-behinderung/10-dinge-die-alle-eltern-ihren-kindern-uber-behinderungen-beibringen-sollten/
rantlos: Bekannt sind Sie in ganz Deutschland unter dem #NichtMeinGesetz. Wie geht es nach der Beschlussfassung weiter?
Raúl Krauthausen: Das Bundesteilhabegesetz trat Anfang des Jahres in Kraft. Durch unseren lauten Protest konnten wir größere Verschlechterungen für behinderte Menschen verhindern. Aber das Teilhabegesetz, ist nach wie vor #NichtMeinGesetz. Auch 2017 beispielsweise werden Sozialämter nahezu die alleinige Befugnis haben, zu entscheiden, ob jemand mit Unterstützungsbedarf ins Heim muss oder zuhause mit Hilfe leben kann. Und das nur aus Kostengründen. Wir von AbilityWatch werden die Umsetzung des Gesetzes in ganz Deutschland kritisch beobachten, begleiten und unter Umständen weiter dagegen ankämpfen.
rantlos: Was kann jeder in seinem Umfeld tun, um Inklusion voranzubringen? Geben Sie uns mal 3 Tipps.
Raúl Krauthausen: Zehn Prozent unserer Gesellschaft leiden an einer Behinderung. Aber nicht jeder zehnte Mensch in unserem eigenen Freundeskreis ist behindert. Wir sollten uns daher fragen, woran das liegt. Warum kenne ich so wenige? Was für tägliche Barrieren übersehe ich vielleicht im Alltag, die beispielsweise einen blinden Menschen, als Kollegen oder Nachbarn unmöglich machen? Habe ich vielleicht selbst Berührungsängste? Und wenn Sie jemanden kennenlernen, der behindert ist, beschäftigen Sie sich mit dem Menschen und seinem Charakter – nicht mit der Behinderung.
rantlos: Gibt es eine Begegnung, die Ihnen wirklich Mut gemacht hat und Ihnen die Kraft gibt, weiter aktiv zu sein.
Raúl Krauthausen: Ich hatte als junger Teenager einmal die Ehre, Roger Willemsen kennenzulernen. Er war mein erster Mentor und der Grund für mein Interesse an Medien und gesellschaftskritischen Themen. Er schrieb für mein Buch das Vorwort. Und jedes Mal, wenn ich es lese, weine ich vor Rührung. Leider ist er vergangenes Jahr gestorben. Aber die Erinnerung gibt die Kraft, weiterzumachen und an das Gute im Menschen zu glauben und neugierig zu bleiben.
rantlos: Unter welchem Link können wir Sie unterstützen?
Raúl Krauthausen: Gerne auf http://krauthausen.steadyhq.com
Die Fragen für Rantlos stellte Birgit Steffani Titelfoto: © Andi Weiland
Zur Person:
Raúl Aguayo-Krauthausen ist in Berlin aufgewachsen und sozusagen mit Tatendrang geboren.
Raúl war an der Universität der Künste eingeschrieben, studierte Design Thinking, entwickelte eine Kampagne für den »Alternativen Nobel Preis« und moderierte eine Radioshow, wo Menschen mit Problemen anrufen konnten. Die dortige Konfrontation mit den Themen Armut, Missbrauch und Einsamkeit beeinflussten ihn. So entstand zusammen mit Freunden die Idee, die SOZIALHELDEN ins Leben zu rufen. Ein soziales Unternehmen, bestehend aus einer Gruppe außergewöhnlicher Umdenker, kreativer Querköpfe und Ums-eck-Konformisten. Mit Raúl als einen solcher Köpfe und Aktivisten – inklusive Preisen und großer Erfolgsgeschichte. Was dazu zählt? Nachhaltige und innovative Projekten wie »Pfandtastisch helfen!«, eine in Deutschland bekannte Pfandspenden-Aktion für soziale Projekte sowie »Deutschland sucht den SuperZivi«, eine Radio Casting Show zur Suche des besten Zivis.
Momentan konzentriert sich Raúl aber voll und ganz auf Wheelmap.org und den Aufbau einer Community um dieses Projekt sowie den Ausbau der journalistischen Informationsplattform Leidmedien.de für vorurteilsfreie Sprache über Menschen mit Behinderung.