Die Toten vom Djatlow-Pass
Rezension von Dr. Aide Rehbaum
Alexej Rakitin, Die Toten vom Djatlow-Pass. Eines der letzten Geheimnisse des Kalten Krieges
In Russland ist die auf den ersten Blick harmlose Wandergruppe, die 1959 tot im Nordural gefunden wurde, Gegenstand von Diskussionsforen im Internet, wo sich Verschwörungsliebhaber und Mystiker, verständlicherweise fasziniert, über alle möglichen Theorien zum Ablauf der Tragödie austauschen.
Der Autor hat sorgfältigst das Aktenmaterial studiert und analysiert jedes Detail Schritt für Schritt, so dass es leicht ist, seiner Argumentation zu folgen. Er untersucht die Biografien der Opfer und der Ermittler, die Wanderausrüstung, die Route, liest zwischen den Zeilen der Forensiker und deutet auch das, was zu erwarten wäre, aber bezeichnenderweise fehlt. Herausgekommen ist ein Dokumentarbericht, der kaum fesselnder sein könnte, mit der These, dass die Wanderer für eine Operation des Geheimdienstes als Deckung benutzt wurden.
Besonders bedrückend sind die Insiderinformationen zu Aufbau und Vorgehensweise der russischen Geheimdienste zu Zeiten des Kalten Krieges und der Umgang der Sowjets mit ihrer Bevölkerung. Die Naivität gegenüber Atomkraft und Kontamination ist weniger verblüffend, die war im Westen nicht wesentlich fortgeschrittener. Der Autor schildert eindrücklich die gezielten Desinformationen von Institutionen, die Einrichtung geschlossener Gebiete, die nur mit Passierschein zugänglich und hoch bewacht waren, die Rekrutierung von Arbeitern für Geheimprojekte, er weiß wie Stellenbesetzung beim KGB ablief, bis hin zu Enklaven mit Exilrussen in China nach dem Ersten Weltkrieg, Detailwissen, das hier weitgehend unbekannt ist und jeden Agententhriller in den Schatten stellt.
Wenig besser als Leibeigene wurden die Menschen herumgeschoben als Schachfiguren, ohne Rücksicht auf deren Gesundheit oder menschliche Bedürfnisse. Unglaublich, was für ein riesiges Gefängnis da mit minimaler technischer Voraussetzung unter der Knute gehalten werden konnte! Bemerkenswert, dass inzwischen überhaupt Archive zugänglich sind. Schließlich sind noch nicht einmal 70 Jahre seit dem Tod der Beteiligten vergangen und bei den damalsvermutlich verantwortlichen KGB-Offizieren noch weniger. Rakitins Schlussfolgerung ist war einleuchtend, aber leider nicht endgültig beweisbar. Dennoch ist das Buch absolut lesenswert!
Alexej Rakitin (Autor) muss aufgrund der Brisanz seiner Recherchen seine Identität schützen. Er schreibt unter Pseudonym, zeigt keine Fotos von sich und tritt öffentlich nicht in Erscheinung.
ISBN: 978-3-442-71604-3
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