Cannabis in der Medizin
Hanf (Cannabis Sativa L.) ist eine uralte Heil- und Medizinalplfanze.
In Deutschland noch undenkbar, in den Vereinigten Staaten schon Realität: bereits die Hälfte der US-Bundesstaaten hat Cannabis für medizinische Zwecke
freigegeben. In vier weiteren Bundesstaaten und der Hauptstadt Washington ist der Konsum ohne Einschränkungen legal.
Die Zahl der Konsumenten wird auf aktuell acht Millionen taxiert. Vergangenes Jahr wurden laut Daten der Strategieberatung LSP Digital 4,4 Milliarden US-Dollar Umsatz im Land der unbegrenzten Möglichkeiten mit Cannabis-Pflanzen und -Produkten erzielt.
Bis 2029 soll das Marktvolumen auf 100 Milliarden US-Dollar steigen. Davon werden die Hälfte auf cannabisbasierte Medikament, die andere Hälfte auf Marihuana oder Konzentrate wie Haschisch oder Öl entfallen. Längst lockt dieses gigantische Marktpotential auch Investoren an. Allein 2015 haben Kapitalgeber 215,2 Millionen US-Dollar in nicht börsennotierte Cannabis-Unternehmen gepumpt.
In den kommenden Jahren werden außerdem Mobile Apps, eCommerce und digitale Medien das Marktwachstum weiter treiben. Der grüne Goldrausch steht erst ganz an seinem Anfang.
Jahrtausendalte Medizin
Die medizinische Verwendung der Pflanze Hanf ist mindestens 4500 Jahre alt. Die alten Chinesen nutzen Hanf u. a. gegen Malaria, Rheuma und bei Entzündungen. Der Leibarzt des römischen Kaisers Nero verordnete Hanf als Schmerz- und Beruhigungsmittel. Hildegard von Bingen (1098-1179), Martin Luther (1483-1546), die englische Königin Viktoria (1819-1901) – die Liste der Medizinalhanf- Konsumenten ließe sich endlos fortsetzen. Obwohl Hanf noch 1937 bei über 100 Krankheitsbildern verschrieben wurde, strich man ihn 1941 von der Medikamentenliste. Die medizinische Verwendung von Cannabis verschwand in den Kriegsjahren fast völlig, die Forschung an einer der ältesten Medizinalpflanzen des Menschen wurde im Hintergrund aber fortgesetzt.
Die moderne Cannabis-Forschung beginnt mit der Isolierung des wichtigsten psychotropen Wirkstoffes Delta-9-THC im Jahre 1964 durch Forscher der Universität von Jerusalem. THC wirkt muskelentspannend, anti-epileptisch, stimmungsaufhellend, brechreizhemmend, appetitsteigernd, leicht verstopfend, augeninnendrucksenkend, bronchienerweiternd, beruhigend, schmerzhemmend, schlaffördernd, juckreizstillend, entzündungshemmend, antibiotisch, gefäßerweiternd, gerinnungshemmend und fiebersenkend. In den vergangenen Jahrzehnten sind über 60 Cannabinoide isoliert und beschrieben worden. Längst sind nicht alle ihrer Wirkungen erforscht, doch scheint das medizinische Potential von Hanf größer als bisher angenommen.
Dennoch sind Hanf und natürliche Cannabisprodukte in Deutschland nicht als Medikament zugelassen. Ärzte dürfen ihren Patienten diese Medizin nicht vorschlagen. Einzig auf synthetisches THC, das unter den Namen Marinol und Dronabinol verkauft wird, können Patienten ausweichen, denen nur Hanf hilft. Dabei ist Marinol etwa 30 bis 50 Mal teurer als das THC in natürlichen Cannabisprodukten und seine Wirkung nachweislich schlechter als die natürlichen THC-s. Deshalb weigern sich viele Krankenkassen die Marinolbehandlung zu zahlen. Die Patienten bleiben auf den Behandlungskosten von ca. 600,- Euro Kosten im Monat sitzen.
Wie Hanf hilft- Wem Hanf helfen kann
Aufgrund seines vielfältigen Wirkungsspektrums sind auch die Diagnosen bei denen Hanfkonsum als Therapie in Frage kommt weit gefächert:
Krebs- und Aids-Patientinnen hilft Hanf gegen Übelkeit und Erbrechen, die oft als Nebenwirkung der Chemotherapie entstehen. Zudem steigert Hanf den Appetit und bremst so die krankheitstypische Auszehrung der Patienten.
Spastiker ziehen ihren Nutzen aus den antiepileptischen Eigenschaften der Hanfharze, auch beim Tourette- Syndrom und ähnlichen Erkrankungen werden die positiven Therapieergebnisse auf diese Wirkung von THC zurückgeführt.
Patienten mit Glaukom (grüner Star) hilft Hanf indem es den Augeninnendruck senkt. Vielfach wird eine drohende Erblindung dadurch verzögert oder gar verhindert.
THC lindert asthmatische Krämpfe indem es die Bronchien erweitert. Dank seiner entzündungshemmenden Eigenschaften unterstützt Hanf die Heilung von Lungenentzündung und anderen Atemwegskrankheiten. Allerdings steht das Rauchen von Hanf unter dem Verdacht das Risiko von Krebserkrankungen zu steigern. Die Verwendung eines Vaporizers (Dampf- Inhalators) beseitigt diese Gefahr jedoch fast vollständig.
Einige der ältesten Anwendungen von Hanf als Medizin vertrauen auf seine schmerzlindernden Effekte. Hanf wirkt auch in geringen Dosen sehr gut bei neuropathischen Schmerzen wie Migräne, Arthritis, Menstruationsschmerzen oder degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates.
Die stimmungsaufhellende Wirkung von Hanf verhalf ihm zu einem festen Platz im Therapiespektrum bei reaktiver und neurotischer Depression.
Darüber hinaus berichten Patienten von positiven Effekten bei so unterschiedlichen Erkrankungen wie Allergien, Juckreiz, Schluckauf, Tinnitus oder Darmreizungen.
Allen Anwendungsgebieten gemein sind die geringen Nebenwirkungen. So ist in der Regel lediglich eine geringe Gewichtszunahme oder Stimmungsaufhellung zu befürchten.
In Deutschland nur mit Sondergenehmigung
Bisher bekommen in Deutschland rund 5000 Patienten Cannabiswirkstoffe in Form von Tropfen oder Sprays. Etwa 500 Kranke werden aufgrund von
Sondergenehmigungen mit Cannabisblüten zum Rauchen versorgt. Dieser Bedarf wurde bisher mit Importen vor allem aus den Niederlanden gedeckt. Mitunter mussten diese Patienten schon wegen Lieferengpässen bei den Produzenten längere Wartezeiten in Kauf nehmen.
Nicht nur Patienten, auch immer mehr Mediziner und Gesundheitspolitiker setzen auf die heilende Wirkung von Cannabis, das Schmerzen lindert, entzündungshemmend wirkt und oft weniger gefährliche Nebenwirkungen zeigt als etwa Morphine oder Opiate. Die Bundesregierung, will nun dafür sorgen, dass schwerkranke Patienten auf Kassenrezept ihren Medizinalhanf aus der Apotheke erhalten und, so steht es in einem Gesetzentwurf, dafür sogar Hanf in Deutschland anbauen lassen. Der staatlich kontrollierte Hanfanbau soll dann von der deutschen Arznei-Zulassungsbehörde, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) kontrolliert werden. Das BfArM vergibt dann den Züchtungsauftrag an private Anbieter, etwa landwirtschaftliche Betriebe. Noch 2016 könnte das Gesetz in Kraft treten.
Bislang fehlen allerdings aussagefähige Studien, vor allem zu Langzeitwirkungen. Bei Jugendlichen ist Vorsicht geboten. Das Gros der Cannabis-Patienten ist allerdings im fortgeschrittenen Alter. Das Suchtrisiko bei medizinischem Cannabis halten Mediziner für „gering“.
Canabis-Legalisierung: 7 Gründe, warum Deutschland sie braucht
1. Staatliche Kontrolle würde den illegalen Handel mit der Droge einschränken.
Mit einer Legalisierung von Marihuana würde der Staat die Kontrolle über die Droge gewinnen. Schwarzmarkt und mafiösen Strukturen würde der Nährboden entzogen.
2. Steuereinnahmen!
Allein im ersten Monat nach der Legalisierung hat der US-Bundesstaat Colorado etwa zwei Millionen Dollar an Steuergeldern eingenommen. Von einer Legalisierung könnte auch der deutsche Staatshaushalt profitieren.
3. Entlastung der Justiz und Einsparungen bei Einstellungsverfahren
“Es ist eine große Ungerechtigkeit, dass Menschen, die ein paar Hanfpflanzen anbauen, für Monate ins Gefängnis müssen, der Alkoholrausch aber zum Alltag in unserer Gesellschaft gehört”, sagt Hans-Christian Ströbele von den Grünen.
4. Kontrollierter Verkauf von Cannabis erhöht Sicherheit und Qualität.
Wenn Cannabis in Apotheken erhältlich ist, kann der Staat über die Qualität der Rauschmittel wachen. Konsumenten müssten nicht länger befürchten, gestreckte und damit gesundheitsgefährdende Substanzen zu erwerben. Bei der Beschaffung der Droge würden sie sich nicht länger kriminalisieren.
5. Die gesundheitlichen Aspekte, mit denen argumentiert wird, sind längst überholt.
Cannabis ist weder tödlich, noch macht es abhängig, wahnsinnig, faul oder dumm. “Es gibt bei erwachsenen Menschen keinerlei Hinweise, dass Cannabis schädlich ist. Das entwickelte Gehirn nimmt keinen Schaden”, sagt Cannabis-Experte Dr. Franjo Grotenhermen. Allerdings warnt der Mediziner vor Cannabis-Konsum bei Jugendlichen, da ihr Gehirn noch nicht vollständig entwickelt ist.
6. Keine der Befürchtungen rund um die Legalisierung hat sich je als begründet erwiesen.
Wenn Cannabis legal zum Verkauf steht, erhöht sich die Zahl der Konsumenten, so die wohl gängigste Befürchtung. Doch diese Vermutung hat sich bisher in keinem der Vorreiterländer bestätigt. “Selbst die europäische Beobachterstelle für Drogen in Lissabon kommt zu dem Ergebnis, dass die rechtliche Lage auf die Menge des Konsums keinen Einfluss hat”, sagt Grotenhermen. In Holland werde beispielsweise nicht mehr gekifft als in Frankreich, obwohl die Gesetze deutlich lockerer sind. Und auch aus den USA und Uruguay gibt es keine derartigen Berichte.
7. Drogenkonsum kann ohnehin nicht verboten werden.
Wer Drogen konsumieren will, der schafft es auch, sie zu beschaffen. Das ist derzeit nur auf kriminellem Wege möglich und doch hält es die Konsumenten nicht davon ab.
Sepp Spiegl