Rezension von Dr. Aide Rehbaum

Matthias Brandt: Blackbird

Schreibende Schauspieler liegen auf der Buchmesse im Trend. Der zweite Roman von Brandt besticht durch die überzeugende Sprache. Durchgängig schnodderig berichtet hier ein 15-Jähriger aus seinem Alltag. Meilenweit entfernt von CDs, Internet und Handy sind wir in die 70-er Jahre katapultiert.

Die Familienkultur ist geprägt durch Sprachlosigkeit, Kinder werden bei Scheidung vor vollendete Tatsachen gestellt, nichts wird diskutiert, nichts erklärt oder hinterfragt. Die Generationen leben in Parallelwelten. Gefühlsbetonte Sachverhalte sind den Erwachsenen vor den Heranwachsenden anscheinend genauso peinlich wie andersrum und man hält sie besser unter der Decke. Kinder mit dem Tod zu belasten ist tabu. So ist Motte weitgehend auf sich allein gestellt und seinen unerklärlichen Emotionen ausgeliefert, als sein bester Freund Bogo an Krebs erkrankt und monatelang im Krankenhaus liegt. Bogo fehlt ihm in der Phase seiner ersten Verliebtheiten, bei Krankenbesuchen ist Entfremdung zu merken. Sehr berührend der gemeinsame Plattenkauf, als Bogo kurz zuhause ist und geheilt zu sein scheint. Das Dilemma zwischen Selbstbeobachtung und hilflosen Reaktionen ist mit feiner Dosierung an Gefühl treffend dargestellt.

Im Grunde angepasst verläuft der Pubertätsabschnitt nach den revoltierenden 68-ern: ein bisschen Alkohol, ein bisschen Kiffen, Herzklopfen und erster Kuss von einem Mädchen, das er aus der Grundschule kennt und schon eine Lehre macht. Im großen Ganzen gewinnt Motte dem Unterricht im Gymnasium und manchen Lehrern noch etwas Positives ab. Die nervenden Erwachsenen konzentrieren sich auf ihren eigenen Mist, Hauptsache, sie fragen nicht zu viel. Der Leser wird sicher einiges der Stimmung wiedererkennen. Zwar fehlt ein echter Konflikt, um dessen Lösung man bangen würde, aber Brandt ist ein vergnüglich zu lesender Unterhaltungsroman gelungen.

Kiepenheuer&Witsch
ISBN: 978-3-462-05313-5

 

Matthias Brandt, geboren 1961 in Berlin, ist einer der bekanntesten deutschen Schauspieler. Für seine Leistungen ist er vielfach ausgezeichnet worden. Als Autor debütierte Matthias Brandt 2016 mit seinem hochgelobten Erzählband »Raumpatrouille«.

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