Ingeborg Seltmann: “Mit Horst im Glück”

Ingeborg Seltmann

Erstaunlich, was der Rowohlt-Verlag auf dem netten Cover als Nextbestseller anpreist. Die Autorin Ingeborg Seltmann hat sich das Ende des Arbeitslebens zum Thema genommen und am Beispiel der Protagonisten zu mehreren Bänden ausgewalzt. Was passiert, wenn man mit Erreichen des Ruhestands auf einmal Zeit ohne Ende hat?

Gabi König, Buchhändlerin, und ihr Mann Horst, Erdkundelehrer, gehen in Rente. Außer Kindern haben die beiden wenig Lebensinhalt, dem sie jetzt verstärkt nachgehen könnten. Sie sind einander nicht sonderlich nahe und speziell in dieser Lebensphase wird das bewusst (jedenfalls dem Leser). Mit Gesprächen zwischen den beiden hapert es, die Darstellung von Gefühlen bleibt oberflächlich.

Um einen lustigen Text zu erstellen, hilft die Überspitzung des Banalen. Klischees werden in Menge bedient. Da ist der übermäßige Sonnen- und Alkoholgenuss auf der Kreuzfahrt, das Überfressen, weil etwas kostenlos ist, das Desinteresse der Frau an Kultur und Belehrung durch ihren Mann – letzteres bei einer Buchhändlerin irritierend. Den vom Verlag ins Auge gefassten Leser(innen) bietet es vermutlich einen Wiedererkennnungseffekt.

Horst möchte viel reisen, Gabi weiß nicht, was sie will. Zuhause stürzt er sich in Hilfsprojekte und Sport, während sie ohne rechte Begeisterung von einem Angebot zum nächsten tingelt. Was liegt näher als sich den Kindern aufzudrängen und sich von der in der Seniorenresidenz logierenden Lebensgefährtin des verstorbenen Vaters schikanieren zu lassen?

Die Story wird kurzweilig, als Gabi sich entschließt, ihr abgebrochenes Germanistikstudium wieder aufzunehmen. Dieses Kapitel böte mehr humoristisches Potential als die Autorin ausgeschöpft hat. Sie beschreibt sehr amüsant die Unterschiede der Studentengenerationen und der sich an der Uni tummelnden Seniorengruppen.

Die All-inclusive-Urlaubern, die nicht unbedingt originelle Ansichten, Denkanstöße oder prägnante Charaktere erhoffen, werden am Pool -möglicherweise in der Rekonvaleszenz nach leichtem Sonnenstich –den Roman unterhaltsam finden.

Rezension von Dr. Aide Rehbaum

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