Lars Eidinger: Echte Tränen – echtes Spiel

Helden sind für den Schauspieler „eher Sehnsuchtsfiguren“

Moritz Bleibtreu (links) bei der Premiere von „Faking Hitler“ neben Co-Star Lars Eidinger. Foto: highgloss.de

<Leipzig> (cat). Im letzten Jahr spielte Lars Eidinger in „Schwesterlein“ den krebskranken Sven. Dabei gab er vor laufender Kamera eine Sterbeszene. Gegenüber „mdr kultur“ sprach der Schauspieler davon, wie er diesen schwierigen Augenblick meisterte. „Ich halte in dieser Sequenz lange die Luft an und die Verantwortung war groß, weil Nina Hoss währenddessen etwas Anspruchsvolles spielt. Es drohte die Gefahr, dass ich die Szene versaue, wenn ich nach Luft schnappe“, erklärte der Mime damals. Der Theaterdarsteller, der auch oft im „Tatort“ zu sehen ist, setzt großen Wert auf Echtheit in seinem Spiel. „Wenn mir die Tränen kommen, dann ist das auch kein äußerlicher, technischer Vorgang, sondern ich verführe meinen Körper, über die Konzentration auf eine Situation zu reagieren. Und wenn ich spiele, dass ich Angst vor dem Tod habe, dann wird das Teil meines Erlebens“, so Eidinger. Aktuell ist der 45-Jährige an der Seite von Moritz Bleibtreu in dem „RTL+“-Sechsteiler „Faking Hitler“ zu sehen. Dort spielt Lars den ehemaligen Stern-Journalisten Gerd Heidemann, der mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern einen der größten Medienskandale in Deutschland ausgelöst hat. „Die ‚Spiellust‘, diese Figur zu spielen, ist enorm, das gilt auch für meine Kollegen. Ich war ganz beeindruckt, sie zu sehen“, sagte der Mime bei „Hit Radio FFH“. „Ich glaube, es gibt eine Sehnsucht, auf die Lüge hereinzufallen, bewusst Wahrheiten auszublenden.“ Moralische Kategorien kennt der Künstler bei der Arbeit nicht. „Ich versuche, beim Spielen meine Haltung herauszuhalten. Wenn sie mich allerdings privat fragen – Heidemann hat hundertprozentig an die Echtheit der Tagebücher geglaubt. Kujau war unglaublich virtuos beim Lügen.“ Eidinger ist davon überzeugt, dass sich viele Menschen eher bei Film-Figuren wiederfinden, die Fehler machen. „Das ist das, was uns Menschen ausmacht. Der Joker ist beliebter als Batman. Mephisto beliebter als Faust.“ Helden seien eher Sehnsuchtsfiguren, die uns imponierten. Das gelte auch für ihn. „Ich habe zwar die Sehnsucht nach Aufrichtigkeit – also mit dem, was man ist, nach außen zu treten – aber, wenn sie mich fragen, ob ich ein guter Mensch bin, würde ich sagen Nein. Ich kenne nur einen einzigen Menschen, auf den das zutrifft und das ist Eugen Drewermann, der keine Besitztümer hat, der alles weitergibt an Bedürftige. Das ist der Einzige, den ich kenne, dem ich das attestieren würde.“

 

Moritz Bleibtreu: Drei Tage in der Badewanne

Der Schauspieler gibt den Meisterfälscher

<München> (cat). Die weiblichen Fans von Moritz Bleibtreu wurden in diesem Jahr enttäuscht, denn von dem Schauspieler war kaum etwas zu sehen. Doch jetzt meldet er sich in einer neuen Rolle zurück: Bleibtreu spielt den Meisterfälscher Konrad Kujau in der Serie „Faking Hitler“. Hintergrund ist die Affäre um die Hitler-Tagebücher, die 1983 im Nachrichtenmagazin „Stern“ veröffentlicht wurden. Kurz darauf entdeckte man, dass es sich um Fälschungen handelt – ein Riesenskandal. Auch Lars Eidinger brilliert in dem Streifen als „Stern“-Reporter Gerd Heidemann. Die Serie gibt es im Stream ab 30. November auf „RTL+“. Interessant: Ursprünglich erklärte Bleibtreu 1998 in einem Interview, dass er kein Fernsehen mehr machen wolle, weil es im Vergleich zum Kino „passiv“ sei. Wie der Mime gegenüber „prisma“ erklärte, habe er nach über 15 Jahren Kino jedoch entdeckt, dass es im Bereich der „Streamer“ möglich sei, „wirklich gute Geschichten“ zu erzählen. Dennoch sei seine Liebe zur Leinwand ungebrochen. Das Drehbuch von „Faking Hitler“ fand Moritz spannend und unterhaltsam. „Da blieb nur die Frage, ob man sich vom Stil her trauen würde, den Weg humoristisch zu gehen oder ob es eher in Richtung Doku-Drama gehen sollte. Mir war es wichtig, dass die Beschwingtheit in den Figuren bleibt. Als es klar wurde, dass das so sein soll, war ich dabei“, so der Kino-Star. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der brisanten Tagebücher war Bleibtreu erst zwölf Jahre alt. „Ja, ich weiß noch, dass das meine Mutter sehr amüsiert hat. Mich hat es damals nicht interessiert, aber mitbekommen habe ich es schon“, erinnerte sich der Münchner zurück. Heiß diskutiert werden Parallelen zum Werk des „Schtonk!“-Regisseurs Helmut Dietl, doch der Künstler sieht da kaum Übereinstimmungen, der „Umgang mit dem Stoff“ sei in seinen Augen ein völlig anderer. Auf die Frage, wie sich der 50-Jährige auf seine Rolle als Tagebuch-Fälscher Kujau vorbereitet hat, rückte dieser den „Sprachduktus als Rückgrat der Figur, den Singsang“ in den Vordergrund. „Wenn man sich die Aufnahmen von Stern-Reporter Gerd Heidemann und Konrad Kujau anhört, ist das ja schon Comedy pur. Kujau stammte ja ursprünglich aus dem Osten und ist dann nach Stuttgart gezogen, wo seine Sprache schwäbisch angehaucht wurde“, weiß Moritz. „Mir war es wichtig, bei der Figur ein Gefühl zu treffen, das der Persönlichkeit der Figur gerecht wird. Jemand, der hochbegabt, faul und lebenslustig ist.“ Spaß bereiteten dem Mimen übrigens die Szenen, in denen „Konrad Kujau“ in der Badewanne liegt und telefoniert. „Das war super. Ich glaube, ich habe drei Tage in der Badewanne verbracht. Irgendwann wurde ich dann dizzy durch das warme Wasser, aber es war trotzdem angenehm. Ich mag auch so kleine Inseln, die sich durch die Geschichten ziehen“, plauderte Bleibtreu aus.

 

- ANZEIGE -