Antonio Pigafetta – An Bord mit Magellan
Rezension von Dr. Aide Rehbaum
www.kreativ-schreibstudio.de

Der Historiker Christian Jostmann hat eine Neuübersetzung der Tagebücher eines Schiffspassagiers aus dem 16. Jahrhundert vorgelegt. Aus erster Hand erfahren wir von den Strapazen dieser dreijährigen Weltumseglung, die in Sevilla mit fünf Schiffen mit dem Ziel Gewürzinseln startete, aus dem Blickwinkel eines Zeitgenossen, der ganz andere Erwartungen, Vorerfahrungen und Kenntnisse hatte als Reisende dazumal. Die Erde ist zweigeteilt in eine portugiesische und eine spanische Einflusszone. Jede Seite beansprucht die Gewürzinseln für sich.
An der südamerikanischen Küste havarierte die Santiago. Die Sancto Antonio verschwand spurlos vor Patagonien. Die Conceptione wurde verbrannt, weil nicht genug Matrosen zu ihrem Segeln übrig waren. Die Trinidad leckte auf den Molukken, so dass nur noch die Victoria bis zuletzt fahrtüchtig war. Von 240 Besatzungsmitgliedern erreichten nur achtzehn die Heimat, darunter drei unterwegs zugestiegene Südostasiaten. 53 Matrosen blieben auf den Molukken, dreizehn waren beim Wasser fassen auf den Kapverden verhaftet worden, weil man den Tod des Generalkapitäns und anderer untersuchen wollte. Magellan war in einem Kampf gefallen. Matrosen meuterten, starben an Skorbut, Hunger oder ungewohnter Nahrung, sie desertierten oder verübten Verbrechen. Aufgrund ungeschickten Verhaltens oder von Missverständnissen griffen Einheimische sie mit Waffengewalt an.
Pigafetta, ein italienischer Ritter, schildert auch ihm völlig Unbekanntes an Flora und Fauna, bizarre Sitten und Gebräuche der Bewohner und versucht alles einzuordnen nach bestem Wissen, meist ohne Wertung. Er versetzt sich in den ahnungslosen Leser, dem er seinen Bericht widmete, d.h. dem Großmeister des Johanniterordens auf Rhodos. Sogar Wortlisten der unbekannten Sprachen überliefert er.
Wo Pigafetta seine Kenntnisse mit Fiktion oder Zitaten aus Legenden oder anderen Reiseberichten ergänzt, hat Jostmann weitere Quellen zu Rate gezogen, die die Sachverhalte logischer oder wahrheitsgemäßer dargestellt haben. Sehr hilfreich sind die detaillierten Anmerkungen zu jeder Ortschaft, ohne die Vieles nicht einzuordnen wäre. Gleichzeitig gibt Jostmann Auskunft über die Quellenlage, die Biografie des Antonio Pigafetta und seine Motive. Weniger aufschlussreich sind allerdings die Originalzeichnungen des Reisenden, die kaum mehr als den Umriss der Inseln wiedergeben. Da wären Vergleiche aus anderen Werken samt Reiseroute und Stationen informativer gewesen.
Christian Jostmann ist promovierter Historiker und arbeitet als freier Publizist.
Verlag C.H.Beck GmbH & Co. KG
Schreibe einen Kommentar