Verbaute Zukunft

Dieter Weirich

Preisexplosionen können Bauten zum Einsturz bringen. Enorm gestiegene Kosten für Kredite und Materialien, anhaltende Inflation, ansteigende Zinsen und Existenzsorgen in der Bauindustrie mit zunehmenden Insolvenzen und Betriebsschließungen führen zur Verschärfung der Wohnungsnot in Deutschland. Obwohl rund 700 00 Wohnungen fehlen, ist die Zahl der Baugenehmigungen um 15 Prozent zurückgegangen,. Der Gesamtverband der Wohnungswirtschaft rechnet damit, dass ein Drittel der für dieses und nächstes Jahr geplanten Bauten erst gar nicht realisiert wird. Der Umsatz der Bauindustrie sinkt 2023 real um sechs Prozent.

Angesichts der mangelnden Angebote auf dem Markt für Senioren droht vor allem eine „graue Wohnungsnot“. Dies wird aber nur eines der Themen beim aktuellen Spitzentreffen der Baubranche sein. Dabei hatte Bundeskanzler Scholz doch auch beim Wohnen eine Zeitenwende ausgerufen und mit seiner Vertrauten Klara Geywitz ein neues Ministerium für Wohnungsbau geschaffen. 1,6 Millionen neue Wohnungen sollten in dieser Legislaturperiode geschaffen werden. Das wird angesichts des zum Erliegen gekommenen Wohnungsbaumarktes ein frommer Wunsch bleiben. Scholz sollte sich deshalb  öffentlich korrigieren.

„Bauen macht den Beutel schlapp“ sagt ein Sprichwort. Dass Wirtschaftsminister Robert Habeck, dessen Vollbremsung der Förderung für energetische Sanierungen noch in unguter Erinnerung ist, mit 13 Milliarden Euro diesen Nachhaltigkeits-Topf verwaltet, während die Bauministerin eine nicht wesentlich größere Summe für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung hat, ist ein Konstruktionsfehler, den nur der Kanzler im Rahmen seiner Richtlinienkompetenz beheben kann. Wurschtelt man einfach nur so weiter, verbaut man sich die Zukunft.

Ein Thema von großer Dringlichkeit ist die Verbilligung des Baulandes in den Randbezirken großer Städte, die mit der Ausweisung neuer Baugebiete ein Drittel ihrer Erschließungskosten aus einem gemeinsamen, bis Ende 2025 laufenden Programm von Bund und Ländern erhalten könnten. Die Zinsen zur Finanzierung privat genutzter Eigenheime sollten für bis Ende 2025 begonnener Häuser und Wohnungen erstmals von der Steuer abgesetzt werden können.

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als “liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.

 

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