Weirichs Klare Kante
Humor entwaffnet

Die „fünfte Jahreszeit“ biegt gerade in ihre Schlussgerade ein. Ob es um den Orden wider den tierischen Ernst in Aachen, die Goldene Narrenschelle der alemannischen Jokus-Verehrer oder das Stockacher Narrengericht geht – den ausgezeichneten Spitzenpolitikern wird per Zertifikat immer Humor bescheinigt. Eine großangelegte Urkundenfälschung, denn es sind zumeist wenig humorbegabte Preisträger. Nehmen wir den früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, den griesgrämigen Ex-Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse oder jüngst die von missionarischem Ernst geprägte Außenministerin Annalena Baerbock, deren wache Tochter die Ehrung mit den treffenden Worten „Mama, Du bist doch aber gar nicht witzig“ kommentierte.
Dass die Berliner Republik uns allen so spaßbefreit erscheint, liegt nicht nur an bitterernsten Themen wie Putins Krieg in der Ukraine oder der Inflation. Gewandelt hat sich auch die Politik, und mit ihr die handelnden Akteure taten es ihr nach. Wer die närrische Bühne sucht, muss politisch überkorrekt sein. Man denke an den Karnevalsscherz von Annegret Kramp-Karrenbauer über das „dritte Geschlecht“, ein folgenschweres Fettnäpfchen für die damalige CDU-Vorsitzende. Selbstironie ist übrigens besonders gefährlich, weil diese oft nicht verstanden wird
Was waren das noch für Zeiten in Bonn, als die Unionsfraktion einen eigenen närrischen Elferrat hatte und so etwas wie karnevalistische Dominanz besaß. Kabarettistische Naturbegabungen wie Franz Josef Strauß oder Norbert Blüm haben das Zeitliche gesegnet. Über Mutterwitz verfügen freilich noch Gregor Gysi oder Ex-Minister Peter Altmeier
Bierernst und kleinkariert zugleich war zum Beispiel nach der Aachener Sitzung wider den tierischen Ernst die Entschuldigung, die der Generalsekretär von CDU-Chef Friedrich Merz von der FDP-Politikerin Strack-Zimmermann für eine (fraglos) unter der Gürtellinie liegende Büttenrede verlangte. Im Gewand einer schwarzen Königin mit Föhnfrisur hatte sich die Liberale auf den „Flugzwerg aus dem Mittelstand“ gestürzt. Eine intelligente Reaktion wäre stattdessen die alte Tucholsky-Empfehlung „Nicht einmal ignorieren“ gewesen. Humor ist ja, wenn man trotzdem lacht.
Humor kann eine Waffe in der politischen Auseinandersetzung sein, ist er doch ein wirkungsvolles Mittel zur Entwaffnung.