Freiheitliche Verpflichtung

Von Dieter Weirich

Dieter Weirich

Die 60.Wiederkehr des Jahrestages des Baus der Berliner Mauer am 13. August wird die Debatte, ob die DDR ein Unrechtsstaat auf deutschem Boden war, wieder beleben. Stramme Linke, aber auch Sozialdemokratinnen wie Ministerpräsidentin Manuela Schwesig lehnen diesen Begriff ab, weil er die braune Unrechtsdiktatur der Nazis mit dem sozialistischen Regime der DDR gleichsetze, zu wenig Respekt vor der Lebensleistung der Bürger unter schwierigen Bedingungen zeige. Thüringens linker Ministerpräsident Bodo Ramelow wehrt sich gegen diese Einstufung ebenfalls, obwohl der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag in seinem Bundesland diesen Begriff verwendet.

Es ist gut, dass die Erinnerung an den Mauerbau in diesen Tagen von vielen bewusstseinsbildenden Aktionen wie Filmvorführungen, Mauertouren für Kinder, Ausstellungen im Mauerpark und Fernseh-Dokumentationen begleitet wird. Mit der Abriegelung der Sektorengrenze nach West-Berlin durch Grenz- und Volkspolizei, der  „Kampfgruppe Arbeiterklasse“ und Soldaten der Nationalen Volksarmee wurde eine Bollwerk der Unmenschlichkeit geschaffen, die Deutsche von Deutschen  trennte und die 28 Jahre Bestand haben sollte. Die Mauer verfestigte die Teilung Deutschlands, war das Symbol des Kalten Krieges.

Mit dem Mauerbau bewies das „ideologiebesessene Regime“ – so Angela Merkel – seine Hilflosigkeit. Der „antifaschistische Schutzwall“, so die Propaganda Ost-Berlins, sollte die Massenflucht in den Westen, die Abstimmung mit den Füßen, verhindern. 50 000 Ostberliner wurden fortan von ihren Arbeitsplätzen abgeschnitten.

Es  galt der Schießbefehl an der Zonengrenze; mindestens 140 Menschen starben bis zur Wiedervereinigung bei dem Versuch, in die Freiheit zu gelangen.  Die DDR erfüllte alle Voraussetzungen eines totalitären Staates, die Ablehnung der Gewaltenteilung, keine Rede-und Reisefreiheit, Bespitzelung von Andersdenkenden und Personenkult. In der Rechtsprechung deutscher Gerichte wurde sowohl die DDR wie auch das unheilvolle „Dritte Reich“ als  Unrechtsstaat bezeichnet.

Die mit dem Mauerbau verbundene Erinnerungskultur gebietet es, dies der deutschen Jugend klar zu machen. Das ist eine sich aus der friedlichen Revolution der Deutschen ergebende freiheitliche Verpflichtung.

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert immer donnerstags mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst “als liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig. 

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