Wahlk(r)ampf

Autor Dieter Weirich

Folgt man jüngsten demoskopischen Erhebungen, so fragt das Publikum mit Blick auf die Bundestagswahl am 26. September nach Kompetenz und klaren Zukunftskonzepten. Die Sorge um den Klimawandel treibt die Bürger um, doch eine Bekämpfung um jeden Preis lehnt die Mehrheit ab. Die Sicherung des wirtschaftlichen Wohlstandes, die Begrenzung der Staatsverschuldung, eine von Vernunft geprägte Zuwanderung und eine von Generationengerechtigkeit geprägte Sozialpolitik sind gleichwertige Ziele für die Menschen.

Wege aus der Krise werden in diesem Wahlkampf nicht aufgezeigt. Statt Antworten auf die drängenden Herausforderungen zu geben, streitet man über teilweise uralte Fundstellen in Büchern von Spitzenkandidaten, die diese in der Regel ohnehin nicht selbst verfasst haben und kaum Leser fanden – sieht man von professionellen Plagiatsjägern ab. Was für ein Wahlk(r)ampf, in dem über das Gendern in der Sprache, geschönte Lebensläufe von Spitzenkandidaten und stillose Lacher leidenschaftlicher als über Deutschlands immer stärker gefährdete Rolle in der globalen Ordnung gestritten wird.

3,8 Prozent Inflation, der höchste Stand seit über zweieinhalb Jahrzehnten und anhaltende Negativzinsen für die deutschen Sparer müssten eigentlich zu einer Offensive der einst Wirtschaftskompetenz für sich in Anspruch nehmenden Unionsparteien führen. Wo bleibt Friedrich Merz, der von dem (nur von einem Drittel der Wähler goutierten) Kanzlerkandidaten Armin Laschet als ordnungspolitische Waffe des Kämpfers für Soziale Marktwirtschaft in seiner Mannschaft angekündigt war?

Europa verdient einen besonders kritischen Blick, hält sich doch niemand mehr an die Maastricht-Kriterien der Verträge. Das Gespenst der Haftungsunion ist präsent. Es darf eigentlich nicht sein, dass deutsche Sparer dafür zahlen, wenn andere EU-Länder ihre Strukturprobleme nicht lösen und dies mit Steuergeldern, Inflation und Negativzinsen beglichen wird. Die Europäische Zentralbank (EZB) flutet die Märkte weiter mit Liquidität, der Staat heizt durch seine Verteuerung von Energie, Verkehr und Wohnen die Inflation an. Die   Verschuldung ist auf Rekordniveau.

Diese Daten senden ein Fanal zur Umkehr, das aber geflissentlich überhört wird.

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert immer donnerstags mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst “als liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig. 

 

 

 

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