Weirichs Klare Kante
Wider die sprachliche Umerziehung

Die sprachliche Selbstverstümmelung in Deutschland durch das mit Geschlechtergerechtigkeit begründete „Gendern“ trifft auf immer mehr Widerstand. So werfen 170 Wissenschaftler dem aus Pflichtbeiträgen finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor, die sprachlichen Marotten einiger Redakteure zur allgemein gültigen Norm zu erheben. Dieser Versuch der Umerziehung sei „zutiefst undemokratisch“.
Zahlreiche Prominente aus Kultur, Kunst und Wissenschaft rechnen mit dem „Gendern“ ab – also mit der Unsitte, ungezählt viele männliche Hauptwörter mit einem weiblichen „in“-Zusatz zu bereichern. So gibt der Entertainer Harald Schmidt zu Protokoll, er lese grundsätzlich keine Texte mit Gendersternchen, Schauspieler Dieter Hallervorden wehrt sich gegen die Vergewaltigung der Sprache, Elke Heidenreich nennt das „Ganze völlig unsinnig“, und der „Sprachpapst“ Wolf Schneider, Vorbild für viele Journalisten, sieht „lächerliche Sprachgebilde“ und hat ein „kriegerisches Verhältnis zum Gendern“. Der linke Politiker Gregor Gysi will nicht in jedem Satz viermal Ugh sagen und versteht nicht, dass seine jungen Genossen das zum Thema ihres Gefühlsleben machen“.
Beistand erhalten solche Kritiker durch ein Gutachten des Ex-Verfassungsgerichtspräsidenten Papier, der dem Staat keine unbegrenzte Befugnis für sprachliche Verpflichtungen einräumt. „Gendern“, an vielen Universitäten bereits selbstverständlich, in rot-grün regierten Gemeinwesen oftmals die gängige Norm, kann also gegen das Grundgesetz verstoßen. Entscheidend seien nicht Ideologien, sondern Lesbarkeit und Verständlichkeit von Texten.
Darauf hatte der Rat für Deutsche Rechtschreibung schon vor einiger Zeit abgehoben. Gendersterne und andere typographische Zeichen innerhalb von Worten beeinträchtigten die Verständlichkeit , Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Texten, hatte das Gremium konstatiert.
Die Anhänger des „Genderns“ argumentieren damit, es sei an der Zeit, sprachlich und auch schriftlich alle Geschlechter und Identitäten zum Ausdruck zu bringen. Besonders stört sie, dass im Deutschen meist das generische Maskulinum, also die männliche Variante, verwandt wird. Sprache schafft Wirklichkeit, wer unterrepräsentiert ist, verliere an Bedeutung, sagen die „Genderianer“ zur Begründung der Umformung unserer Sprache.
Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als „liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.
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