Weirichs Klare Kante
Der große Schweiger
Bundeskanzler Olaf Scholz könnte den in die deutsche Geschichte als „großen Schweiger“ eingegangenen Chef des Preußischen Generalstabs im deutsch-französischen Krieg von 1870/71, Helmuth Graf von Moltke, ablösen. Der Regierungschef ist im Ukraine-Krieg auf Dauer-Tauchstation, verwirrt die Bevölkerung durch die Verweigerung klarer Informationen, wie der Beistand Deutschlands für das von den Russen überfallene Land aussieht. Ein Gas-Embargo kommt nicht infrage, mit wechselnden Ausreden wurde gleichzeitig die Bereitstellung schwerer Waffen problematisiert, die nach dem Krach in der Koalition nun geliefert werden dürfen. Sieht so eine glaubwürdige „Zeitenwende“ aus?
In der Krise erreicht man Autorität durch Kommunikation. Aber statt selbst zu reden, vor allem zu erklären und Perspektiven für eine mögliche europäische Friedensordnung der Zukunft aufzuzeigen, amüsiert sich der Kanzler in einem Interview arrogant über die „Mädels und Jungs“, die als selbsternannte Militär-Experten bei ihm Führung einfordern.
Wer aus einem Kühlschrankfach heraus regiert und sich über andere erhebt, lässt frösteln. Die Menschen spüren, dass es Scholz die Sprache verschlagen hat und es ihm an einem glaubwürdigen strategische Konzept fehlt. Kein Wunder, dass er inzwischen so unpopulär ist, wie es Angela Merkel zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 war.
Merkel hatte Schweigen vor allem in der Endphase ihrer Kanzlerschaft als Schadensbegrenzung verstanden. Die Verletzung der Menschenrechte in Hongkong, die staatlichen Gewaltexzesse in Belarus, das alles löste trotz der EU-Präsidentschaft nur ein paar spröde, pflichtschuldige Distanzierungen aus. “Worte können verletzen, Schweigen kann es aber noch mehr“, diagnostiziert die Psychologin Anke Precht.
Laut wird Scholz erst, wenn er sich gegen die Verleumdung der SPD als „Partei der Putin-Versteher“ wendet. Wenn sein Amtsvorgänger und früherer Chef, Gerhard Schröder, als Gas-Lobbyist noch immer Geld aus Moskau bezieht, jede Schuld von sich weist und auf alle verweist, die letztlich mitgemacht haben, braucht sich Scholz nicht zu wundern, wenn US-Medien ihn als „Putins Mann in Berlin“ bezeichnen. Genosse darf er sich wohl nicht mehr lange nennen.
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