Weirichs Klare Kante
Ampel-Koalition – Hampel-Union

Die Gefahr begrenzter Militäroperationen durch russische Truppen in der Ukraine scheint zu wachsen, Geheimdienste warnen vor einem Krieg, die Amerikaner reduzieren vorsorglich ihr Botschaftspersonal in der Hauptstadt Kiew, die deutsche Regierung begegnet der Krise kopf-und konzeptionslos.
Ob der russische Herrscher Putin der Clausewitz´schen These, der „Krieg sei die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“, folgt oder ob die Drohkulisse nur aufgebaut ist, um seiner Argumentation von der für sein Land gefährlichen Einkreisung durch die NATO und dem Westen neue politische Nahrung zu geben, ist offen.
Über die Absichten des „roten Zaren“ wird gerätselt. Will er die gegenwärtige Schwäche Europas und des transatlantischen Bündnisses gezielt nutzen, um eine Invasion vorzubereiten? Geht es ihm um die Wiederherstellung des einstigen sowjetischen Großreichs? Hat er angesichts des wirtschaftlichen Zerfalls im Inland Angst, die gleichen Probleme wie die Machthaber in Kasachstan und Belarus zu bekommen ?
In der Außenpolitik geht es um deutsche Interessen. Schon heute sind wir energiepolitisch weithin abhängig von Russland. 42 Prozent unseres Rohöls 55,2 Prozent des Erdgases kommen von dort. Das erklärt die Bedeutung der Nordstream-2- Pipeline. Die Transportkapazität durch die Ostsee verdoppelt sich durch Nordstream 2 von heute 55 auf dann 110 Milliarden Kubikmeter jährlich.
Sanktionen im Zusammenhang mit dieser für seine Wirtschaft wichtigen Transportschiene könnten das einzige Mittel sein, um Putin zur Vernunft zu bringen. Wie aber verhält sich unsere Regierung? Die Ampel-Koalition ist eine „Hampel-Union“, eine Art Nichtregierungsorganisation (NGO). Bundeskanzler Scholz nennt mit frommem Augenaufschlag dieses geopolitische Projekt in der Ostsee „gänzlich unpolitisch“, spricht sogar von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen. Das Ganze unterstützt von Parteichef Klingbeil und „General“ Kühnert, der die Sache „endlich hinter uns lassen will“.
Die Grünen sind gegen Nordstream 2, glauben aber mit der Ablehnung der Lieferung von Defensivwaffen an die Ukraine moralischen Rigorismus zu zeigen. Die FDP wiederum kann sich einen solchen Waffenexport vorstellen. Kluge Politik sieht anders aus.
Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als „liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.
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