Belastungen gerecht aufteilen

Dieter Weirich

Bei der noch für diesen Sommer angekündigten Neuordnung der Rente hat die Berliner Ampel-Koalition nur dann die Chance zu einer zukunftsgerechten Lösung, wenn sie diese gewaltige Aufgabe mit einer soliden Finanzierung ausstattet. Einen weiteren Pfusch am Bau darf es nicht geben, sollen die nachfolgenden Generationen nicht durch Leistung erdrückende Rentenbeiträge belastet werden. Die Reform der gesetzlichen Rente muss mit einem überzeugenden Konzept für künftiges „Generationenkapital“, was unter dem Stichwort „Aktienrente „bekannt ist, kombiniert werden. Oberstes Ziel dieses „Rentenpaketes II“ muss sein, die Belastungen zwischen Jun g und Alt ausgewogen aufzuteilen.

Im Mittelpunkt des Gesetzes soll die dauerhafte Etablierung der Haltelinie beim Rentenniveau in Höhe von 48 Prozent stehen, die nach der jetzigen Gesetzeslage bis 2025 festgeschrieben ist. Dieses Stoppschild soll dafür sorgen, dass die Rente vor Steuern mindestens so hoch sein muss wie 48 Prozent vom Durchschnittseinkommen vor Steuern des aktuellen Jahres.

Der ebenfalls bis 2025 festgeschriebene Beitragssatz von 18,6 Prozent soll aber wohl gleichzeitig nicht dauerhaft begrenzt werden. Renommierte Finanzwissenschaftler haben angesichts der demografischen Probleme in Deutschland bezweifelt, dass die geplante Haltelinie auf Dauer solide zu finanzieren ist. Zumal sich angesichts eines Bundeszuschusses von hundert Milliarden Euro zur Rentensicherung bei der angespannten Haushaltslage des Bundes weitere Finanzspritzen verbieten.

Klaus Morgenstern, Chef einer in Berlin residierenden Denkfabrik für Altersvorsorge, warnt deshalb die Bundesregierung vor Taschenspielertricks. Zur Aufrechterhaltung der Haltelinie werde es voraussichtlich zu weiteren Beitragserhöhungen kommen. Das sei keine tragfähige Finanzierungs-Strategie.

Die vorgesehene Teilkapitalisierung der gesetzlichen Rentenversicherung, das sogenannte „Generationenkapital“, ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung von mehr privater Vorsorge, soll diese Aktienrente doch auch den Beitrag niedrig halten. Dafür werden 2023 zunächst 10 Milliarden Euro schuldenfinanziert über einen Fonds am Kapitalmarkt aufgenommen. Nach Ansicht von Fachleuten müsste sich der Staat allerdings mit der zehnfachen Summe engagieren, wollte er in überschaubarer Zeit Wirkung sehen.

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als “liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.

 

 

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