Zeit zum Schämen
Es wird oft davor gewarnt – und auch wir haben es in dieser Kolumne mehr als einmal getan -, allzu leichtfertig Vergleiche aktueller Vorgänge mit solchen aus der Nazi-Zeit des Dritten Reichs anzustellen. Tatsächlich besteht dann immer die Gefahr, den mit Begriffen wie Auschwitz, Treblinka oder Bergen-Belsen verbundenen millionenfachen Mord zu verharmlosen, weil auch die heutigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse ganz andere sind als jene, die seinerzeit der nationalsozialistischen Machtübernahme vorangegangen waren. Aber es blinken im Hintergrund bereits deutliche Warnzeichen.
Wirklich nichts dazu gelernt?
In Deutschland herrscht, wieder einmal, helle Aufregung. Vor allem in den Medien und im Bereich der Politik. Weil kürzlich in einer Nobelkneipe auf Sylt eine Horde offensichtlich gut situierter Jugendlicher und Heranwachsender nationalistische und fremdenfeindliche Parolen grölte. Und nicht nur auf der so genannten Insel der Reichen und Schönen ist das passiert. Sondern anscheinend auch an zahlreichen anderen Orten der Republik. Besonders bemerkenswert: Die Gröler entstammten anscheinend samt und sonders nicht dem „Mob“, sondern kamen erkennbar aus „gutem Hause“. Vor genau 60 Jahren herrschte in Deutschland ebenfalls schon mal große Aufregung. Damals – 18 Jahre nach dem Ende von Krieg und Nazi-Terror - begann in Frankfurt der erste so genannte Auschwitz-Prozess gegen einige der Massenmörder in den Konzentrationslagern.
Das eine hat mir dem anderen nichts zu tun? Ganz so einfach ist es nicht.