Rotgrüngelbe Prozesshanselei
Weirichs Klare Kante

„Die beste Medienpolitik ist gar keine“. Mit dieser These wollte der zu seiner Zeit prominente Ex-Chefredakteur, die „Edelfeder“ Johannes Groß, der Politik in den siebziger Jahren die Empfehlung geben, sich bei den Medien als der „vierten Gewalt“ mit juristischen Klagen nicht die Finger zu verbrennen. Schließlich hätten diese eine wichtige Kritik- und Kontrollfunktion gegenüber der Politik, und es sei Aufgabe einer Regierung, auch extreme Meinungen zu ertragen und die Pressefreiheit zu schützen.
Dass die „politische Korrektheit keine legitime Grenze der Meinungsfreiheit“ sein kann, darauf hat der frühere Bundespräsident und Verfassungsrichter Roman Herzog häufig hingewiesen. Dass dies die Bundesinnenministerin Nancy Faeser und ihr Beraterstab ganz offensichtlich überhört haben, zeigt ihre jüngste krachende Niederlage im Eilverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bei ihrem – auf das Vereinsrecht gestützten – Verbot für das ultrarechte Schmuddelmagazin „Compact“.
Jeder erfahrene Verfassungsrichter hätte die gelernte Juristin Faeser vor diesem Schritt, den sie mit Umsturz-Propaganda und Verletzung der Menschenwürde begründete, gewarnt. Der Berliner Ampel-Regierung hat sie einen Bärendienst erwiesen, der AfD eine Opferrolle gegeben und den Herausgeber des Rechtsaußen-Pamphlets auch noch zum Hüter der Pressefreiheit werden lassen. Zwar steht die Entscheidung in der Hauptsache des Verfahrens noch aus, doch das kann die Ministerin überdauern. Ein Rücktritt Faesers wäre die normale Konsequenz gewesen, doch was ist bei der Ampel noch normal?
Wie dünn das Nervenkostüm rot-grüner Akteure ist, zeigt auch die für den Steuerzahler teure Prozesshanselei von Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze mit dem Nius-Herausgeber und ehemaligen „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt. Auch sie musste sich vom Verfassungsgericht sagen lassen, dass die Behauptung von der „Entwicklungshilfe an die Taliban“ eine „zulässige Meinungsäußerung“ war.
An der Politiker-Krankheit „Multiple Mimose“ scheinen die über keinen Humor verfügenden Grünen zu leiden. Ein Unternehmer der in seinem Garten auf Spott-Plakaten der grünen Spitze unterstellte, alles platt zu machen, wurde vor Gericht gezerrt, doch die Schmähung war nicht strafbar. Dass Annalena Baerbock von einem Kritiker als „dümmste Außenministerin der Welt“ gesehen wird, verdanken wir erst ihrer Anzeige. Souveränität ist eben oft Schweigen.
Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als „liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.
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