Weirichs Klare Kante

Dieter Weirich

Zufall oder nicht – in diesem Jahr hat die die Parlamentarische Sommerpause, zeitgleich mit dem Viertelfinale der Fußball-Europameisterschaft begonnen. Wenn die Abgeordneten am 9. September zu ihrer ersten Sitzung wieder zusammenkommen, werden die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen bereits vorbei sein. Der Urnengang in Brandenburg folgt dann zwei Wochen später. Eine Klatsche für die Ampel-Parteien ist schon jetzt programmiert, die Partnersuche in einer disruptiven ostdeutschen Parteienlandschaft wird in vollem Gange sein.

Politik ohne Parlament galt einst als nachrichtenarme Zeit, in der sich Hinterbänkler mit originellen, mitunter sogar erfundenen Geschichten zu profilieren suchten. Saure-Gurken-Zeit nannte man diese Periode einst, die an die Hungersnöte im 18. Jahrhundert oder an die spätsommerlich frisch eingelegten Gurken im Spreewald erinnern sollte. So wollte etwa ein CSU-Abgeordneter einmal für 50 Milliarden Mark Mallorca als deutsches Bundesland kaufen, eine Gewerkschaftsfunktionärin forderte eine „Siesta-Kultur“ mit Liegen am Arbeitsplatz, eine Landrätin die Ehe auf Zeit, und der darniederliegende deutsche Fußball sollte durch Staatsgelder für einen Rückkauf Franz Beckenbauers von Cosmos New York auf neue Höhen gebracht werden.

Das alles gehört längst der Vergangenheit an. Die Nachrichtenarmut hat sich mit dem Ukraine-Krieg, dem Vormarsch der politischen Ränder in Deutschland und Europa sowie dem Comeback-Versuch Donald Trumps in den USA erledigt. In den Sozialen Medien tauchen so viele Falschmeldungen auf, dass es keiner Inszenierung von Pausen-Clowns bedarf. Die Wahrheit droht vielmehr im Sommerloch zu verschwinden. Auch das „Sommertheater“ ist keine mehr auf die warme Jahreszeit beschränkte Erscheinung. Es findet ganzjährig in der Berliner Ampel statt.

Die Welt dreht sich also im Sommerloch immer schneller weiter. Die Jagd nach dem runden Leder bei der Fußball-Europameisterschaft ist dabei eine willkommene, erfrischende Ablenkung von manch düsterer politischer Perspektive. Ob uns freilich ein „Sommermärchen“ erwartet, muss sich noch zeigen.

Klar ist nur, dass uns seit Beginn des neuen Monats Woche ein „MEGA-Sommer“ bevorsteht. Ungarn hat für das kommende halbe Jahr die Präsidentschaft in der EU übernommen. Und es ist ganz sicher kein Zufall, dass Viktor Orban sie (in Anlehnung an Donald Trump) unter das Motto „Make Europe great again“ (MEGA) gestellt hat.

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