Hilflos statt wehrhaft

Dieter Weirich

Eine für eine wehrhafte Demokratie gefährliche Entwicklung nimmt an Fahrt auf. Ein vielstimmiger Untergangschor von Politikern aller Parteien, Wissenschaftlern und Persönlichkeiten aus der Kultur sehen die Rechtspopulisten der AfD als eine Gefahr für Verfassung und Rechtsstaat , fordern nach einem Remigrations-Treffen  von Identitären, Mitgliedern von AfD, der Werte-Union und auch der CDU in Potsdam das Verbot der AfD.

Sollte sich eines der Verfassungsorgane auf einen solchen Antrag verständigen, wäre dies die Kapitulations-Erklärung der Demokratie und eine Unterschätzung der Vernunft und der Widerstands-Entschlossenheit des deutschen Wählers. Einen „Kollateralschaden für die Demokratie“ befürchtet zu Recht der abgewogen urteilende sozialdemokratische Ostbeauftragte Carsten Schneider.

Auch wenn Verfassungsschützer die AfD-Landesverbände Sachsen, Thüringen und Brandenburg als „gesichert rechtsextremistisch“ einschätzen, geben prominente Verfassungsrechtlicher wie Hans-Jürgen Papier oder Rupert Scholz einem Verbotsantrag so gut wie keine Chancen. Denn es genügt nicht, oberste Verfassungswerte abzulehnen, die zu verbietende Partei muss sich „in aktiv kämpferischer Weise für die Abschaffung der Demokratie“ einsetzen. Zudem müsse die Partei eine gewisse Chance haben, ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch durchzusetzen. Würde dies bejaht, wäre das ein Armutszeugnis für die in nahezu acht Jahrzehnten gewachsene freiheitlichste Demokratie in der deutschen Geschichte.

 Worin besteht eine kämpferische Demokratie ? In der offensiven Auseinandersetzung, im Wettbewerb um das beste Argument. Mit dem ständigen Schwingen der Nazikeule gegen die AfD hat man es dieser Partei erleichtert, ihre eigentlichen politischen Ziele zu kaschieren, sich als Opfer zu inszenieren. Die Dämonisierung des politischen Gegners haben viele Menschen in der Bevölkerung als Unfairness im politischen Wettbewerb empfunden. Wenn Millionen von Wählern sich für die AfD entscheiden, sind das nicht nur Rechtsradikale, sondern vor allem von den Traditionsparteien enttäuschte Wähler.

Das beste Mittel im Kampf gegen die AfD ist, sie sachpolitisch zu stellen. Die   eigene Glaubwürdigkeit, wiederum, erreicht man durch Handlungsfähigkeit, vor allem im Kampf gegen die praktisch unkontrollierte Massenmigration.

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als “liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.

- ANZEIGE -