Weirichs Klare Kante

Dieter Weirich

Die deutsche Wirtschaft kommt nicht in Fahrt, die Wettbewerbsfähigkeit leidet, der grüne Ressortminister Robert Habeck erhält von der Fachwelt unbefriedigende Noten. Eine zu ture Energiepolitik, mangelnde Technologie-Offenheit, ideologische Verbohrtheit im Kampf gegen die Kernenergie, ein gescheitertes Heizungsgesetz mit Wärmepumpen-Flop in der Folge-, all diese verdrießlichen Begleiterscheinungen seiner Amtszeit halten den Vizekanzler offenkundig nicht davon ab, die grüne Kanzlerkandidatur bei der nächsten Bundestagswahl 2025 anzustreben.

Einige seiner Kritiker höhnen, ein Kinderbuchautor sei eben eine Fehlbesetzung auf einem Zukunftsressort in einem der größten Industriestaaten der Welt. Das ist eine dümmliche Schubladensicht. Der gescheiterte Herrenausstatter Harry S. Truman gehörte (wie auch der Schauspieler Ronald Reagan zu den erfolgreichsten Präsidenten in der US-Geschichte, der spät zum Linksgaullisten gereifte Drehbuchautor und Filmregisseur Andre Malraux prägte entscheidend die französische Kulturpolitik. Warum also soll Habeck keine ordentliche Wirtschaftspolitik machen?

Was an Habeck verstört, ist die Tatsache, dass er seiner Irrfahrt ein neues ordnungspolitisches Gerüst geben will. Zwar beruft er sich, wie jeder deutsche Wirtschaftsminister, pflichtschuldigst auf Ludwig Erhard, den Vater der Sozialen Marktwirtschaft. Seine grüne Wirtschaftsideologie ist aber von den Theorien der italo-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlerin Marianne Mazzucato geprägt. Sie sieht den Staat als Heilbringer für wirkliche Innovation. Er könne neue Technologien kreieren, Zukunftsmärkte schaffen.

In Habecks „Narrativ des selbstbewussten Staates“ ist es Aufgabe des Staates, Innovationen zu erspüren, zu fördern und sich dafür kräftig zu verschulden. Dabei verweist er auf die gigantischen Subventionen in USA und China. Eine Schuldenbremse passt natürlich nicht in dieses Konzept. Mazzucato ist die Lieblingsökonomin linker Gesellschafts-Utopisten.

Die Anbetung des Staates ist schon deshalb falsch, weil dieser privaten Unternehmen im kreativen Wettbewerb immer unterlegen ist. Auf was es ankommt, sind gute Rahmenbedingungen, ein attraktives Steuersystem ein Markt mit guten Fachkräften und eine erträgliche Bürokratie.

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als „liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.

 

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