Fragwürdiger „Demokratie-Tüv“
Weirichs Klare Kante

Willy Brandt wollte 1972 als erster sozialdemokratischer Bundeskanzler „mehr Demokratie wagen“. Olaf Scholz will mehr ein halbes Jahrhundert später mit seiner Ampel-Regierung die durch Extremismus und Spaltung der Gesellschaft gefährdete Demokratie sichern. Geplant ist ein sogenanntes „Demokratiefördergesetz“, mit dem zivilgesellschaftliches Engagement gegen die Feinde der Freiheit unterstützt werden soll.
Gefahren für die Demokratie sieht die zuständige grüne Bundesministerin Lisa Paus vor allem in „Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus (gegen Sinti und Roma), Muslim- und Islamfeindlichkeit, politischem Extremismus jeder Art, Behindertenfeindlichkeit, Hass im Netz, Desinformation und Wissenschaftsfeindlichkeit“. Unterstützt werden sollen dagegen Vorhaben zur Stärkung und Förderung der demokratischen Werte und Maßnahmen zur Extremismus-Prävention.
Betrachtet man sich die pathetische Wortwahl rot-grüner Protagonisten des Gesetzes, kommt der Plan im Jakobiner-Gewand daher. Man hat den Eindruck, dass feurige Demokraten die freiheitliche Ordnung des Grundgesetzes als zentrale Aufgabe der Zukunft mit erheblich mehr öffentlichen Mitteln als bisher schützen wollen.
Ein Blick auf die bisherige Förderpraxis und das laufende Programm „Demokratie leben“, für das seit 2015 mehr als eine Milliarde Euro ausgegeben wurde, zeigt eine fragwürdige geistige Verengung auf. Im Vordergrund steht der „Kampf gegen rechts“, für den mehr als das Zehnfache (!) an Mitteln im Vergleich zur Auseinandersetzung mit dem Linksextremismus ausgegeben wird. Bevorzugt werden Initiativen, die das richtige Weltbild aufzeigen. Die Kontrolle über die Wirksamkeit der vom Steuerzahler finanzierten Maßnahmen ist unzureichend. Daran hat der Bundesrechnungshof scharfe Kritik geäußert, ohne dass sich etwas geändert hat.
Umstritten ist zudem, ob der Bund überhaupt mit einer Art „Demokratie-TÜV“ in die zivilgesellschaftliche Entwicklung eingreifen darf. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages ist der Auffassung, dass dem Bund dafür die Kompetenz fehle. Das Vorhaben liegt deswegen einstweilen auf Eis. Allerdings drängen vor allem die Grünen auf eine Revitalisierung. Es sollte besser im Gefrierschrank bleiben.
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