Des Kanzlers schweres K-Problem
Weirichs Klare Kante

Autoritäre Herrscher pflegen ihre internen Rivalen auf Auslandsreisen mitzunehmen, um sie unter Kontrolle zu halten und Umstürze zu vermeiden. Solche Reiseplanungen sind freilich einer Demokratie unwürdig, sonst hätte Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem G 20-Gipfel in Rio de Janeiro auf seinen Verteidigungsminister Boris Pistorius nicht verzichtet. Der in Mexiko vorgesehene Anschlussbesuch des Kanzlers wurde aber sicherheitshalber abgesagt. Allzu lange will Scholz der deutschen Hauptstadt und seiner Parteibasis, in der es „grummelt“- wie sogar SPD-Bundestagsfraktionschef Mützenich einräumt – nicht fernbleiben.
Die „K-Frage“ ist trotz aller beschwörenden Versicherungen der Parteispitze, mit dem amtierenden Regierungschef in den Wahlkampf für die am 23. Februar anstehende Bundestagswahl ziehen zu wollen, noch offen. Parteichef Klingbeil lässt den in Umfragen chancenlosen, aber von seinem Wahlsieg überzeugten Bewerber noch zappeln. „Wir werden Klarheit schaffen, aber zum richtigen Zeitpunkt“ sagte Klingbeil.
Wann dies freilich sein wird, ist noch immer unbestimmt. Scholz wird am 10. Dezember im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Die offizielle Nominierung des Kanzlerkandidaten erfolgt dann auf dem Parteitag am 11. Januar 2025. Allerdings könnte eine mit dem semantisch großspurigen Titel „Wahlsieg-Konferenz“ am 30. November anberaumte Funktionszusammenkunft bereits einen entscheidenden personalpolitischen Fingerzeig geben.
Scholz ist innerparteilich angeschlagen – “unten durch“, wie ein Hinterbänkler aus der Provinz meint. Die Konservativen in der SPD favorisieren wohl eher Boris Pistorius, den bei Umfragen populärsten deutschen Politiker. Der niedersächsische Wehrminister hält sich indes eher bedeckt, sieht die Zustimmung für ihn „nicht als Massenphänomen“ und verweist darauf, dass der Kanzler entschieden habe, dass er weitermachen wolle.
„Die Kanzlerfrage kann nicht beim Bier oder Frühstück entschieden werden“, kommentiert der frühere SPD-Chef Franz Müntefering, was wohl eine versteckte Verzicht-Empfehlung an Scholz ist. In der SPD-Fraktion, die (Umfragen zufolge) bei der Februar-Wahl nahezu halbiert würde, herrscht in den hinteren Bänken eine „Rette-sich,-wer-kann-Stimmung“, die nach einem Wechsel ruft und eine Eigendynamik auslösen könnte.
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