Bonner Galerist plante besonderes Geburtstagsgeschenk – dann kam das Virus

Von Gisbert Kuhn

Galerist Peter Wierny

Vor 250 Jahren wurde Ludwig van Beethoven in Bonn geboren. Die Stadt wird nicht müde, den Komponisten als ihren „größten Sohn“ zu preisen. Doch mit ihren Vorbereitungen, ein würdiges Geburtstagsfest zu gestalten, wollte es nicht so richtig vorangehen. Anders bei Peter Wierny. Der 67-jährige Galerist aus dem Süden der einstigen Bundeshauptstadt war seit längerem schon von einer eigenen Idee beseelt, die er „Roll over Beethoven“ nannte. Im Klartext: National und auch jenseits der deutschen Grenzen bestens vernetzt, überredete er – mit Erfolg – prominente Künstler aus dem In- und Ausland, ihre ganz eigenen Vorstellungen von dem Komponisten bildhaft umzusetzen. Die Ergebnisse sollten von diesem Frühjahr an, herausragend platziert, ausgestellt und anschließend zugunsten eines Kinderhilfswerks versteigert werden.

Ende eines Traums?

Eine signierte Trommel des Drummers Ian Paice von Deep Purple

Dann kam das Corona-Virus und schob auf immer noch unabsehbare Zeit einen Riegel vor die Verwirklichung dieser Pläne und Vorarbeiten für die Hommage an Beethoven. Wer Wierny in dem eleganten Gründerzeithaus aufsucht, bekommt schnell staunende Augen angesichts der von ihm angesammelten Schätze. Wenn Kunst und Künstler gern zur „Szene“ stilisiert werden, dann ist die hier vertretene „Szene“ tatsächlich schier grenzenlos. Wer hätte, zum Beispiel, gedacht, dass sich etwa der friesische Blödelbarde Otto grafisch an Beethoven versuchen würde? Oder gar der jenseits seiner Lieder die Unterlippe zu nuschelnden Höchstleistungen antreibende Udo Lindenberg? Oder der geniale Direktor des nicht selten ins Märchenhafte hinüber gleitenden Circus Roncalli, Bernhard Paul?

Was hat Otto Walkes mit Beethoven am Hut? Ja, richtig gelesen, am Hut. Tatsächlich hat Otto ein veritables Gemälde abgeliefert, das den (noch etwas jugendlich wirkenden) Komponisten mit Bleistift und Notenheft zeigt – in gewohnt grüblerischer Pose und ganz offensichtlich heftig überlegend, wem er wohl das gerade fertiggestellte Stück widmen solle. „Anke“ und „Doris“ sind bereits durchgestrichen. Dann hat der Meister die Dame gefunden: „Für Elise“. Klar, für wen denn auch sonst? Wer anders als diese Elise hätte schließlich Generationen von Piano-Eleven und –innen an die Kunst des Klavierspielens heranführen sollen? Und der Hut? Na gut, einen solchen hätte Otto auf seiner feinen Zeichnung wahrscheinlich wirklich nie auf Beethovens Haupt gezaubert. Wohl aber eine Baseballmütze – selbstverständlich mit zwei sich küssenden „Ottifanten“ an der Stirnseite.

Grafik von Bernhard Paul

Zweimal Beethoven mit Kopfhörern

Mit Roncalli-Direktor Bernhard Paul verbindet Wierny schon eine jahrelange Freundschaft. Logisch, dass der studierte Grafiker Paul sich nicht lange bitten ließ und eine pikfeine Bleistiftzeichnung beisteuerte. Irgendetwas in Bernhard Pauls Vorstellung von seines Beethovens Gemütslage muss da freilich nicht ganz fröhlich gewesen. Möglicherweise, weil ihm die Musik gerade nicht zusagte. Denn der akkurate Bleistiftstrich von Bernhard Paul hat dem Großmeister des Komponierens doch tatsächlich Kopfhörer über die Ohren gestülpt. Moderne Technik auf historischen Locken! Indessen, wer beschreibt das Erstaunen, als Peter Wierny schmunzelnd eine zweite Zeichnung herauszieht – erkennbar das gleiche Motiv, der junge Beethoven mit bekannt wirrem Haar und … ebenfalls Kopfhörern auf den Ohren! Ausführender: Roger Grover, Bassist von Deep Purple. Ergebnisse eines Zeichenwettbewerbs? Nein, sagt Peter Wierny und schwört heilige Eide, die Beiden hätten sich nicht abgesprochen.

Wiernys Idee hat die Rock und Pop und sonstige kreative Szene ganz offensichtlich sehr begeistert. Udo Lindenberg ist natürlich auch mit dabei. Ihm hat es anscheinend Beethovens Klavierlehrerin mehr angetan als deren später weltberühmter Schüler. Sich selbst hat der Panikrocker selbstverständlich auf dem Bild auch nicht vergessen. Mit einem Cocktailglas in der Hand prostet er der (logisch: tätowierten) Lehrerin zu. Von Jörg Immendorf hat der Galerist noch einen, signierten, Druck, der 1997 für die Beethovengesellschaft entworfen worden war. Campino, Frontmann der „Toten Hosen“, steuerte eine handsignierte Schallplatte bei. Und, bloß nicht zu vergessen, das wegen seiner Gesichtslänge ungewöhnliche Beethoven-Porträt des amerikanischen Musikers, der Woodstock-Legende Graham Nash.

Juwel aus Kalifornien

Diese farbigen Beethoven-Bilder kann man käuflich erwerben

Was den Reisenden und Jäger in Sachen Ludwig van Beethoven seit geraumer Zeit freilich besonders bewegt, trägt den Namen John Van Hamersveld. Seinetwegen war Wierny vor einiger Zeit sogar bis Kalifornien gereist. Zur Biografie: Van Hamersveld wurde 1941 in Baltimore geboren. Amerikanischer Grafiker und Illustrator. Großvater Berliner, Großmutter Holländerin. Seit vielen Jahren lebt er mit seiner Frau südlich von Los Angeles. Das sind nüchterne Zahlen und Daten und werden vielleicht den Wenigsten etwas sagen. Wohl aber dürften bei dem folgenden Hinweis Filmliebhaber schnell glänzende Augen bekommen. Denn Van Hamersveld ist der Schöpfer des legendären Filmplakats zu Bruce Browns Streifen von 1964, The Endless Summer, der längst Kultstatus unter Surfern genießt. Es ist jenes Bild mit dem blutroten Hintergrund und den drei schemenhaften Surfern, die ihre Bretter so tragen als wären sie stolze Massai.

Peter Wierny und John Van Hamersveld mit dem Beethoven-Poster

Dieses Plakat brachte den Durchbruch. Mittlerweile hängen Bilder von Van Hamersveld im Smithsonian Institute in Washington/DC, im New Yorker Museum of Modern Art, in der Rock and Roll Hall of Fame und, und, und… Aber wo ist die Brücke zwischen Kalifornien und Bonn? Hier verbindet sich ganz einfach Neugier mit Internetsuche und Dusel. Das Surferplakat brachte Wierny eines Tages dazu, nach Van Hamersveld zu googeln. Und dabei entdeckte er, dass der Künstler tatsächlich auch ein Beethoven-Bild entworfen hatte. Der Bonner schrieb eine Mail nach Kalifornien, der Kalifornier rief kurze Zeit später in Bonn an, man redete ungefähr anderthalb Stunden zusammen und vereinbarte, ein gemeinsames Projekt zu machen. Was dabei herauskam, befindet sich inzwischen in Peter Wiernys Sammlung.

Ausstellung im Internet

Eine signierte Schallplatte der Toten Hosen

Kurz: Rockmusiker, Jazzmusiker, klassische Musiker und bildende Künstler gratulieren dem genialen Komponisten auf unterschiedlichste Arten zum 250. Geburtstag. Auf Leinwand oder Papier, LP-Cover, Vinyl oder einem Instrument. Alle Künstler spenden ihre Arbeiten für ein Kinderhilfsprojekt. Und ausgerechnet jetzt macht das sich weltweit ausbreitende Virus auch durch diese geplante Ausstellung einen dicken Strich. Und wer hat sich nicht alles im Hause Wierny versammelt!? Jonas Burgert, John Fogerty, The Manhattan Transfer, Graham Nash, Jonas Burgert, John Fogerty, The Manhattan Transfer, Graham Nash, Reinhard Kleist, der Star-Trompeter Till Brönner, Andy Summers, Patty Boyd, Jörg Immendorf, Mitch Ryder, Deep Purple. Dazu die bereits oben Erwähnten.

Und jetzt? Alles für die Katz? So schnell gibt einer wie Peter Wierny nicht auf! Bis der ursprüngliche Plan mit der großen Ausstellung und Versteigerung der Werke – hoffentlich – im November doch noch verwirklicht werden kann, hat der rührige Galerist kurzentschlossen eine online-Ausstellung mit sämtlichen Exponaten und entsprechenden Erklärungen ins Netz gestellt. Und, wer weiß, vielleicht gehen der Alptraum und die schlimmsten Auswirkungen der Corona-Pandemie ja doch schneller vorüber als befürchtet. So dass, zum Beispiel, Stars wie Fanta 4, Robbie Williams und Kraftwerk tatsächlich im August nach Bonn kommen könnten.

Link zur Webseite der Galerie ArtBonn: http://artbonn.de/ArtBonn/Kunstler_%26_Themen/Seiten/Roll_over_Beethoven.html

 

Titelfoto: Peter Wierny mit der signiertten Trompete und einer Glückwunschkarte des weltberühmten Jazz-Musikers Till Brönner (gebürtiger Bonner)

    

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